11. Mai
2007
Es droht ein
Bahnhofs-Ausverkauf
Renate
Gradistanac schreibt an Mehdorn und Rech
BERLIN. Als einen
“durchsichtigen Versuch, sich lästiger Immobilien zu
entledigen”, wertet die SPD-Bundestagsabgeordnete Renate
Gradistanac das von der Bahn-AG als
“Bahnhofsentwicklungsprogramm” bezeichnete Vorhaben,
insgesamt 272 Bahnhöfe verkaufen zu wollen. Alleine in
Baden-Württemberg will sich die Bahn nach Information der
Bundespolitikerin von 196 Bahnhöfen trennen. Dass Kommunen die
Bahnhöfe übernehmen sollen, sieht Gradistanac als eine
Form von Nötigung. “Die Kommunen als schwächstes
Glied in der Kette werden meines Erachtens in einem solchen
Verfahren zu Erfolgsgehilfen degradiert”, so Gradistanac. Mit
einem Schreiben hat sie sich direkt an den Vorstandsvorsitzenden
Hartmut Mehdorn gewendet, um die Bahn zu einem Umdenken zu
bewegen.
“Anstatt
Bahnhofsgebäude zu verkaufen, ist die Bahn aufgerufen, ein
echtes Bahnhofsentwicklungsprogramm aufzulegen und die
Bahnhöfe endlich durchgängig barrierefrei zu machen, um
ein komfortables Reisen zu gewährleisten”, so
Gradistanac. Als stellvertretende tourismuspolitische Sprecherin
der SPD bedauert sie, dass das Umsteigen an vielen Bahnhöfen
unverändert eine Herausforderung ist - “und dies
keineswegs nur für ortsfremde Touristen”. Vor allem
ältere Menschen, Familien mit Kindern und Reisende mit viel
Gepäck sollten als Kunden betrachtet und nicht im Zuge der
Sparmaßnahmen als Randgruppen abgetan werden.
Die
SPD-Bundespolitikerin fordert in ihrem Schreiben aber nicht nur den
Erhalt der Bahnhöfe in ländlichen Regionen, um einer
weiteren Schwächung der Infrastruktur entgegen zu wirken. Auch
verlangt Gradistanac, komplizierte Fahrkartenautomaten zu ersetzen
und anständige, leicht verständliche
Kommunikationseinrichtungen zu schaffen, da beispielsweise die
Lautsprecherdurchsagen häufig nicht zu verstehen
seien.
Nicht nur
Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat die SPD-Bundestagsabgeordnete aber
angeschrieben. Auch an den baden-württembergischen
Innenminister Heribert Rech hat sie sich mit einem Brief gewandt.
“Meines Wissens wird das Land im Zuge des weiteren Verfahrens
eine Prioritätenliste erarbeiten. Ich bitte Sie dringend, bei
der Festlegung der Kriterien ganz besonders die Bedürfnisse
des Tourismus zu berücksichtigen, den Aspekt der
Barrierefreiheit und die spezifischen Belange der ländlichen
Regionen”, so die SPD-Politikerin.
Als
stellvertretende SPD-Landesgruppenvorsitzende hofft sie darauf,
dass sich auch Innenminister Rech gegen den Verkauf der knapp 200
Bahnhöfe im Land stark macht und er sich zudem bei der Bahn
dafür einsetzt, dass der öffentliche Personennahverkehr
im ländlichen Raum von Baden-Württemberg im Zuge des
“Bahnhofsentwicklungsprogramms” nicht noch
unattraktiver wird. Es sei nicht hinnehmbar, dass Pendler wie
Touristen, nach dem drohenden Ausverkauf kleinerer Bahnhöfe,
bei widriger Witterung nur noch an Haltepunkten im Regen und in der
Kälte stehen.
|