Der Leiter des
Regionalbereichs Südwest der Bahn AG, Sven Hantel (zweiter von
rechts) war zu Gast bei der SPD-Landesgruppe
Baden-Württemberg; mit auf dem Bild sind (von links) Josip
Juratovic, Johannes Jung, Rita Schwarzelühr-Sutter und Renate
Gradistanac.
12. April
2007
Gradistanac
kritisiert Bahnhof-Ausverkauf
„Ausverkauf zugunsten der Städte - Verlierer ist
die ländliche Region“
Scharf kritisiert
Renate Gradistanac Pläne der Bahn, wonach im Land 196 der
insgesamt 272 Bahnhöfe verkauft werden sollen. „Das ist
ein Ausverkauf zugunsten der Städte. Verlierer ist wieder
einmal die ländliche Region“, sagte sie in einem
Gespräch in Berlin dem Leiter des Regionalbereichs
Südwest der Bahn AG, Sven Hantel.
Die Deutsche
Bahn AG, so die stellvertretende tourismuspolitische Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion, stecke Millionen Euro in Prestigeprojekte
in den Städten. „Und auf dem Land stehen Pendler und
Touristen im Regen und in der Kälte, weil es nicht einmal mehr
einen Bahnhof gibt, bloß noch einen Haltepunkt. Die Bahn
glaubt ernsthaft, dass sie damit durchkommt. In ganz
Baden-Württemberg will sie nur noch 76 Bahnhöfe
erhalten!“
Eine solche
Politik gegen die eigene Kundschaft, so Renate Gradistanac,
könne nicht funktionieren und dürfe „von der
Politik nicht abgenickt“ werden. Bahnfahren sei heute schon
eine Zumutung. „Ich spreche nicht von Verspätungen -
Flugzeug und Bahn schenken sich in dieser Hinsicht nichts, und das
Fahren mit dem ICE ist gewiss komfortabler als das Fliegen mit
manchen Fluglinien. Mir geht es um unsere Bevölkerung im
Schwarzwald und um die Touristen, die mit dem Zug zu uns
kommen.“
Auf mittleren
und kleineren Bahnhöfen sei das Umsteigen eine
Herausforderung. „Wer älter ist und vielleicht noch
gehbehindert, meidet den Zug von vornherein, weil er weiß,
dass er auf verlorenem Posten steht.“ Konsequent ignoriere
die Bahn die Bedürfnisse ihrer Kundschaft. Gradistanac:
„Wer bei dem Wort ,barrierefrei' nur an Menschen mit
Behinderungen denkt, springt gedanklich zu kurz. Komfortabel reisen
heißt auch an Familien mit Kindern, Gepäck und
Kinderwagen zu denken.“
Indes sehe die
Dienstleistung der Bahn so aus: unverständliche
Lautsprecherdurchsagen an den Bahnhöfen, Fahrkartenautomaten,
an denen die Kundschaft reihenweise verzweifele. In Reisezentren
von Großstadtbahnhöfen dagegen sei sogar extra
Hilfspersonal abgeordnet, das die Funktion der Automaten
erkläre.
Und nun, so
die Abgeordnete weiter, wolle die Bahn auch noch ihre Bahnhöfe
verkaufen. „Aus bisherigen Verkäufen wissen wir, wie so
etwas läuft: Es werden Investoren gesucht, die Bahn diktiert
die Bedingungen, und die Kommunen als das schwächste Glied in
der Reihe werden bestenfalls Erfolgsgehilfen.“
Mit aller
Macht dränge die Bahn an die Börse und beabsichtige viel
Geld im Ausland zu investieren. „Den Preis bezahlen wir im
Schwarzwald und andere ländliche Regionen.“ Renate
Gradistanac tritt einem solchen Automatismus energisch entgegen:
„Die Bahn ist immer noch mehrheitlich in Eigentum des Bundes.
Wir wollen die alte gemütliche Bundesbahn nicht zurück.
Aber wir müssen dafür sorgen, dass das Land nicht
zugunsten der Städte abgekoppelt wird.“
Im
Gespräch mit Regionalbereichsleiter Sven Hantel forderte
Renate Gradistanac die Deutsche Bahn AG auf, ihre Pläne
vollständig offenzulegen: Welche Bahnhöfe im Land sollen
verkauft werden? Was gedenkt die Bahn in punkto Barrierefreiheit zu
unternehmen? Welche Bahnhöfe werden modernisiert?
|