Schlimmer als
Streit mit der SPD wäre ein Regierungswechsel - Renate
Gradistanac mit den Gewerkschaftern (von links) Annette Weber, Jost
Walther, Willi Hagel und Werner Wild sowie vorne
SPD-Wahlkampfleiter Gerhard Gaiser.
12. September
2005
Keine
Politik der kalten Herzen
Gradistanac und Gewerkschafter warnen vor
Regierungswechsel
Nagold. SPD und
Gewerkschaften haben in der Vergangenheit heftig über Hartz IV
gestritten. In einem Gespräch zwischen Gewerkschaftern aus der
Region und Renate Gradistanac im SPD-Bürgerbüro legten
beide Seiten ihre unterschiedlichen Positionen dar. Einen
Regierungswechsel indes wollen auch die Gewerkschaften
nicht.
Die
SPD-Bundestagsabgeordnete ist von der Notwendigkeit der
Arbeitsmarktreform überzeugt: „Wir haben den Wandel weg
vom betreuenden hin zum ermöglichenden Staat
eingeläutet.“ Es sei verständlich, dass dies nicht
nur mit Jubel aufgenommen wurde, auch „weil es uns vermutlich
nicht immer gelungen ist, den roten Faden in unserer
Erneuerungspolitik zu vermitteln“.
Werner Wild,
stellvertretender „ver.di“-Landesvorsitzender, und sein
Mitstreiter Willi Hagel kritisieren vor allem eins: Wie soll ein
älterer Arbeitnehmer begreifen, dass er nach 30 Jahren Arbeit
und nach einem Jahr Arbeitslosigkeit so wenig Arbeitslosengeld
bekommt wie einer, der nur kurze Zeit geschafft hat? Es fehle nicht
nur an der Motivation der Arbeitslosen, sondern auch an
Arbeitsplätzen. Wild: „Menschen lassen sich nur
aktivieren, wenn sie eine Perspektive haben.“
Renate
Gradistanac stimmte zu und verteidigte die Wirtschaftspolitik der
Regierung: „Wir haben die Rahmenbedingungen für die
Wirtschaft stark verändert. Jetzt muss die Wirtschaft endlich
die versprochenen Arbeitsplätze schaffen.“ Die
Arbeitslosenversicherung indes müsse wie die
Krankenversicherung als Überbrückung in einer Notlage
verstanden werden.
Gradistanac
mahnte zu Geduld, die Reform gelte erst seit Januar. „Wir
sind auf dem richtigen Weg. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Viele
frühere Sozialhilfeempfänger sind jetzt wieder
vermittelbar.“
Werner Wild
sprach unterdessen von einer weit verbreiteten Zukunftsangst.
„Es gibt keine Garantie mehr für die Sicherung der
erreichten Lebensqualität. Unser Eindruck ist außerdem:
Die Oberen kassieren ab, unten gibt's nichts mehr zu verteilen und
nur noch Druck.“ Dem schloss sich Jost Walther,
Geschäftsstellenleiter der Calwer Lidl-Filiale und
Betriebsratsvorsitzender, an: Bei Lidl werde das große Geld
verdient und Mitarbeiter die sich in einem Betriebsrat
organisieren, unter Druck gesetzt.
Renate
Gradistanac begründete die Verunsicherung auch mit den
Herausforderungen der Globalisierung. „Wir brauchen in diesem
schwierigen Prozess die Gewerkschaften an unserer Seite - als
Mitgestalter und Kritiker.“ Ein Regierungswechsel zu diesem
Zeitpunkt hätte bittere Folgen für die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. „Wenn die SPD sich mit den Gewerkschaften
auch streitet - eine Politik der kalten Herzen haben wir nie
gemacht und werden sie auch nie machen.“
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