18. Juli
2005
Gradistanac in der Champions League
Die
SPD-Bundestagsabgeordnete erringt in Albstadt unter 40 Bewerbern
das landesweit sechsthöchste Stimmergebnis
Auch in den
nächsten vier Jahre in der SPD-Champions-League - Renate
Gradistanac und Marion Caspers-Merk, Nummer eins der Landesliste
Baden-Württemberg (links neben ihr), sowie die
SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt, Freudenstadts Kreisvorsitzender
Gerhard Gaiser und der Ersatzdelegierte Martin
Zerrinius.
Renate
Gradistanac, Marion Caspers-Merk und Ute Vogt hier eingerahmt von
Calws Parteivorderen Sigismund Brinkert (rechts), Jan Greschner
(Mitte) und SPD-Kreisrat Daniel Steinrode.
Unter den 40 Bewerberinnen und Bewerbern um die 37 Plätze auf
der SPD-Landesliste hat Renate Gradistanac vergangenen Samstag in
Albstadt mit 268 von 305 gültigen Stimmen das
sechsthöchste Ergebnis erreicht. Im Sport würde dies
Tabellenplatz sechs bedeuten. In der Politik bedeutet es Platz 14.
Doch in der Politik ist noch Position 14 ein
Champions-League-Rang.
Renate
Gradistanac wird damit zum dritten Mal in den Deutschen Bundestag
einziehen, zusätzlich motiviert durch die hohe
Sympathiebekundung der Delegierten beim Nominierungsparteitag in
Albstadt. Die Nominierung hat Bestand, egal ob bereits im September
Bundestagswahl sein wird oder regulär im Herbst
2006.
Albstadt-Tailfingen - wer selten in die Gegend kommt, staunt
auch dieses Mal, wie weitläufig die Alb ist, welche kuriosen
Ortsnamen sich hinter dem Sammelbegriff Albstadt verbergen und wie
leicht man sich verfahren hat. Es ist Samstag und Sommer, um die 30
Grad, was ließe sich alles anfangen bei diesem
Wetter!
In der
Zollern-Alb-Halle fallen die Vorhänge in Kirchentags-Lila auf,
sonst fällt nichts auf, die Atmosphäre ist
geschäftig, die Delegierten sind ernst und emsig. Dass die
Zeit schwierig sei für die Partei, davon ist nichts zu
spüren und nicht die Rede. Ist es einmal nicht schwierig
gewesen? Die Landesvorsitzende und der Wahlkampfleiter halten
Jetzt-erst-recht!-Reden.
So ein
Parteitag ist eine Geduldsprobe für die 319 SPD-Delegierten
aus den 32 Kreisverbänden im SPD-Landesverband. Die
Wahlprozedur beginnt kurz vor 12 Uhr am Mittag, und sie endet eine
halbe Stunde eher als geplant, um halb Neun am Abend.
Achteinhalb
Stunden lang sitzen die Delegierten, es gibt keine Pause, man holt
sich Schnitzel mit Kartoffelsalat an den Platz, den trockenen
Kuchen, Kaffee sowieso, man isst, kreuzt Wahlscheine an, räumt
die Teller selbst wieder ab, geht g'schwind auf die Toilette, setzt
sich wieder, bleibt sitzen, eisern, macht 37 Wahlgänge mit,
hört rund 50 Reden, debattiert und stimmt ab über 30
Anträge, darunter den aus Calw: Verlängerung der
Programmdebatte, Verschiebung der Verabschiedung des
Grundsatzprogramms um ein halbes Jahr.
Der
SPD-Kreisverband Calw hat den Vorsitzenden Sigismund Brinkert und
Jan Greschner (Gechingen) als Delegierte entsandt, aus Freudenstadt
sind Margarete Heidelberg (Loßburg) und Kreisvorsitzender
Gerhard Gaiser angereist, Martin Zerrinius (Eutingen) als
Ersatzmann logiert als Gast in der ersten Reihe.
So ein
Parteitag ist ein Hochamt für die Abgeordneten. Im Bundestag
haben sie entlang komplexer Gesetzesmaterie ihre Weltsicht zu
erklären. Der Parteitag hingegen verlangt Leidenschaft, die
Parteitagsrede zielt aufs Gemüt der Partei, und weil bei einem
Nominierungsparteitag jede Rede eine Bewerbungsrede ist, werden die
Reden umso leidenschaftlicher und kämpferischer, je schlechter
der jeweilige Abgeordnete platziert ist und je länger der
Parteitag andauert.
Renate
Gradistanac ist Abgeordnete und Delegierte. Sie entschließt
sich eine halbe Stunde vor ihrem Auftritt zur Rede, hält sich
an die empfohlenen drei Minuten, spricht zu ihren Themen, zur
Integrations- und Familienpolitik, bekommt einmal Szenenapplaus,
sie bedankt sich für die prima Platzierung und bittet die
Delegierten um das Vertrauen für weitere vier
Jahre.
Um ihren
vierzehnten Platz weiß sie seit dem Vorabend, der
Landesvorstand hat die Liste nach wochenlangen Verhandlungen
zwischen den vier Landesbezirken aufgestellt. Renate Gradistanac
rangiert unter den zehn Nordbadenern auf Rang drei und hat hinter
Nicolette Kressl (Rastatt/Baden-Baden), stellvertretende
Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, den zweiten Frauenplatz
erhalten. Sie hat diesen Platz sicher, es ist unwahrscheinlich,
dass sich eine Bewerberin der hinteren Plätze zu einer
Kampfkandidatur um Nummer 14 entschließt.
Das Gerangel
um die Ränge freilich beginnt bereits bei Platz 13 und setzt
sich bei Platz 15 fort. Peter Friedrich, ein Neuling, soll endlich
wieder Konstanz in Berlin vertreten; Harald Georgii (Ravensburg),
gleichfalls neu, fordert ihn heraus - und unterliegt.
Um 14.45 Uhr
ruft die Tagungsleitung den Wahlgang Nummer 14 auf. „Gibt es
Gegenkandidaten?“ Die Calwer und die Freudenstädter
horchen angestrengt auf. Niemand meldet sich.
Während
Kandidatin Gradistanac per Parteitagsvotum ihren Sympathiewert
ermitteln lässt, streiten der Betriebsrat Josip Juratovic
(Gundelsheim) und der alt gediente Jurist Hermann Bachmaier
(Crailsheim) um Position 15. Die Delegierten reagieren auf die
Bewerbungsreden des Herausforderers unbeeindruckt. Die Liste steht.
Man zeigt Geschlossenheit, verweist Bachmaier nach
hinten.
Ein Kandidat
gilt im ersten Wahlgang als durchgefallen, wenn er weniger als 50
Prozent der Delegiertenstimmen erhält. Renate Gradistanac
erhält 88 Prozent: 268 von 305 gültigen Stimmen. 21
Delegierte stimmen mit Nein, 16 enthalten sich. Die Kandidatin ist
erleichtert und lässt sich herzen, die Delegierten
gratulieren.
Sigismund
Brinkert sagt: „Ich freue mich sehr - Renate hat den Platz
bekommen, der ihr für ihre gute Arbeit zusteht.“ Jan
Greschner ergänzt: „Das tolle Stimmergebnis krönt
den hervorragenden Listenplatz und ist ein Zeichen für ihre
engagierte Arbeit im Kreis, in der Landesgruppe und im
Bundestag.“
Margarete
Heidelberg konstatiert: „Renate war sehr fleißig und
hat etwas bewegt, darum kann sie mit diesem guten Ergebnis ihre
Arbeit fortsetzen.“ Gerhard Gaiser sagt: „Wir starten
mit dem sechstbesten SPD-Ergebnis im Land in den Wahlkampf. Das
freut mich sehr. 1998 war Renate noch auf Platz 27, vor drei Jahren
auf Platz 24, jetzt hat sie einen Satz von 24 auf 14 gemacht - das
ist ein hervorragendes Ergebnis und motiviert uns. Wir greifen
an!“
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