Sie werben
für barrierefreies Reisen (von links): Gerhard Gaiser
(SPD-Kreisvorsitzender), Heinz Hornberger (Schwarzwald-Touristik),
Bürgermeister und MdL Norbert Beck, DEHOGA-Präsident
Ernst Fischer, Gastgeberin Renate Gradistanac, Roland Schöttle
(Naturpark Südschwarzwald), Elke Vetter (IHK Nordschwarzwald)
und Johann Kreiter (NatKo). Privatbild
19. Oktober
2007
Reisen ohne
Barrieren - für alle
Baiersbronner
Tourismusdialog setzt auf Komforttourismus
Baiersbronn.
Wäre das Thema in unserer Gesellschaft „positiv
besetzt“, so die SPD-Tourismuspolitikerin Renate Gradistanac
auf dem von ihr veranstalteten 2. Baiersbronner Tourismusdialog,
müsste nicht länger „für die Förderung
eines barrierefreien Tourismus geworben werden“.
Gradistanac,
stellvertretende tourismuspolitische Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion, verwies auf den fortschreitenden
demographischen Wandel: „Immer mehr Bürger in unserer
älter werdenden Gesellschaft haben ein
Wohlfühl-Bedürfnis - darauf muss sich die
Tourismusbranche im Schwarzwald einstellen.“ Immerhin werde
sich die Gruppe der (zahlungskräftigen) Generation 60plus
während der nächsten Jahrzehnte nahezu verdoppeln und
etwa 37 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Vor diesem
Hintergrund könne sich ein Begriff wie barrierefreies Reisen
nicht nur auf vom Rollstuhl abhängige Menschen beziehen,
betont die SPD-Politikerin, sondern fange bereits mit der
Berücksichtigung des eingeschränkten Hör- oder
Sehvermögens an. Das Thema ziehe sich über Fragen der
Mobilität, der Gehbehinderung, den Bedürfnissen von
chronischen oder psychisch erkrankten Menschen - bis hin zu einem
gemeinsamen Familienurlaub mit beispielsweise einem behinderten
Kind. Gradistanac: „Zehn Prozent der Bevölkerung
brauchen solche Angebote heute schon dringend, für 30 Prozent
ist es notwendig. Warum also nicht von einem Komforttourismus reden
- für uns alle?“
Johann
Kreiter, Vorsitzender der „Nationalen Koordinationsstelle
Tourismus für Alle e.V.“ (NatKo) verweist darüber
hinaus auf die immer noch wenig bekannten ökonomische Impulse
eines barrierefreien Tourismus'. Alleine durch die Reisen von
behinderten Menschen in Deutschland entstünde bei
jährlich zwei Millionen Urlaubsreisen ein touristischer Umsatz
von 1,5 Milliarden Euro; eine weitere Milliarde Euro würde
für rund vier Mio. Kurzurlaubsreisen ausgegeben, so
Kreiter.
Außerdem
sei das Reiseverhalten vieler behinderter Menschen von einer
„hohen Reisezieltreue“ geprägt, sie würden
häufig „in der Nachsaison reisen“, und da 52
Prozent der behinderten Urlauber auf eine Begleitperson angewiesen
seien, könnten die Gastgeber (Hotels, Restaurants) auch mit
deutlich höheren Pro-Kopf-Ausgaben rechnen.
37 Prozent der
Behinderten geben laut NatKo an, wegen mangelnder barrierefreier
Angebote auf eine Reise zu verzichten, 48 Prozent würden
häufiger verreisen, gäbe es zusätzliche
barrierefreie Angebote. Der besseren Möglichkeiten wegen
würden deshalb bereits 17 Prozent der Befragten ins Ausland
fahren, berichtet Kreiter.
„Barrierefreier Tourismus ist für uns alle eine
ganzheitliche Herausforderung“, räumt Heinz Hornberger
ein. Obschon im Schwarzwald in rund 20 Orten barrierefreie
Tourismusangebote vorlägen ist sich der Vorsitzende der
Gesellschafterversammlung der Schwarzwald Tourismus GmbH bewusst,
dass „wir uns der dahinter stehenden Dimension - vom
barrierefreien Rad- oder Wanderweg über spezielle
Wellness-Pakete bis hin zur touristischen Servicekette - ganz neu
und intensiv widmen müssen.“
Einig ist er
sich da mit Roland Schöttle. Der Geschäftsführer des
Naturparks Südschwarzwald bemängelt, „dass wir im
Schwarzwald noch nicht genügend auf diese Zielgruppe
vorbereitet sind.“ Der ökonomische Aspekt sei wichtig
und motivierend (zusätzlich sollen so rund 3300 neue,
tourismusrelevante Arbeitsplätze möglich sein),
„aber was wir vor allem benötigen“, so
Schöttle, „ist ein Bekenntnis zum
Thema.“
Ernst Fischer,
Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands,
und Elke Vetter, bei der Industrie- und Handelskammer
Nordschwarzwald mit dem Tourismus betraut, gaben weitere
Statements.
Das
Kundenpotenzial: Menschen mit
Mobilitätseinschränkungen
- geh- und
bewegungsbehinderte Menschen
-
sehbehinderte und blinde Menschen
- sprach- und
hörbehinderte Menschen
- Personen mit
geistiger oder Lern-Behinderung
- Personen mit
psychischer Behinderung
- chronisch
erkrankte Menschen
-
übergewichtige Menschen
-
kleinwüchsige und großwüchsige Menschen
- schwangere
Frauen
- Personen mit
vorübergehenden Unfallfolgen
- Personen mit
postoperativen Beeinträchtigungen
- Personen mit
Kinderwagen oder schwerem
Gepäck
- kleine
Kinder
Quelle: Natko
e.V.
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