19. Dezember
2008
Schutz vor
Piraten
Renate
Gradistanac ist für Anti-Piraterie-Mission und begründet
dies in einer persönlichen Erklärung
Die
SPD-Tourismuspolitikerin Renate Gradistanac hat am gestrigen
Freitag im Bundestag für den Bundeswehr-Einsatz gegen Piraten
gestimmt und die Reedereien aufgefordert, Reiserouten zu
ändern.
„Kreuzfahrtschiffe sollten die betreffenden Regionen
meiden, so lange das Risiko eines Piratenangriffs besteht. Die
Reedereien haben die Verantwortung für die Sicherheit von
Passagieren und Besatzung - es ist dringend notwendig, die
Reiserouten von Kreuzfahrtschiffen zu ändern“, schreibt
Renate Gradistanac in einer Pressemitteilung.
Zu den
besonders gefährdeten Gebieten zählen derzeit die
Küsten vor Indonesien, Indien, Bangladesch, Brasilien und
Peru. Vor der Küste Somalias, im Golf von Aden, kam es zu den
meisten Übergriffen. Da das Seegebiet den Indischen Ozean mit
dem Roten Meer verbindet, ist es Teil einer der weltweit
bedeutendsten Seefahrts- und Kreuzfahrtrouten.
Die
stellvertretende tourismuspolitische Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion hat im Bundestag der Anti-Piraterie-Mission
ATALANTA in namentlicher Abstimmung zugestimmt. Mit weiteren
Abgeordneten der SPD-Fraktion unterzeichnete sie eine
persönliche Erklärung.
Die
persönliche Erklärung im Wortlaut:
„Dem
Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung deutscher
Streitkräfte an der ESVP Mission zur Piraterie-Bekämpfung
vor der somalischen Küste stimme ich zu, da ich die Mission
für einen wichtigen Beitrag zur Befriedigung der in den
vergangenen Monaten eskalierten Situation vor der somalischen
Küste halte. Von diesen Angriffen waren auch Lieferungen des
Welternährungsprogramms für Somalia betroffen.
Eine
internationale Mission ist dabei notwendig, da in Somalia seit 1991
de facto keine Staatsgewalt mehr besteht, welche die
Bekämpfung der Piraterie übernehmen könnte.
Grundlage des Einsatzes ist die Resolution 18/47 (2008) der
Vereinten Nationen, die sich auf die sich im Sinne einer
völkerrechtlichen Befugnisnorm auf Art. 105 des
Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, stützt.
Durch die Einbettung des Einsatzes in die EVSP Mission und damit in
ein System kollektiver Sicherheit sind die verfassungsrechtlichen
Bedenken, hinsichtlich der Bekämpfung von Piraten durch die
Bundeswehr, für mich hinreichend ausgeräumt.
Wichtig ist,
dass der Schwerpunkt der Mission auf der Prävention also der
Schaffung von sicheren Durchfahrtskanälen im Golf von Aden und
dem Eskortieren von Schiffen, und somit in der Vermeidung von
Piratenangriffen liegt. Ein Einsatz von Streitkräften auf dem
Land in Somalia, auch im Rahmen einer evt. Nacheile, sind strikt
abzulehnen. Dies würde die Mission in bewaffnete Konflikte in
Somalia hineinziehen und von ihrem eigentlichen Ziel, nämlich
der Sicherung der Seeschifffahrt, weit entfernen.
Allerdings
kann die EU ATALANTA-Mission nur eine abschreckende Wirkung zeigen
und bleibt damit punktuelle Folgenbekämpfung. Die Ursachen der
Piraterie bleiben allerdings unberührt. Die Zahl der
Piraterieangriffe vor Somalia ist seit dem Zerfall der somalischen
Staatlichkeit kontinuierlich angestiegen. Durch den Zerfall der
Staatlichkeit und den Bürgerkrieg in Somalia, ist der Mehrheit
der Bevölkerung die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzogen
worden. Der Zerfall des somalischen Staates ist also als direkte
Ursache für die Ausbreitung der Piraterie vor Somalia - und
die Piraten sind ein Element der um sich greifenden
gesellschaftlichen Selbstorganisation.
Außerdem
raubfischten vor Somalia nach Schätzungen der
Welternährungsorganisation etwa 700 Fischfangfabrikschiffe
ohne Lizenz und nehmen Somalia eine ihrer wichtigen
Existenzgrundlagen. Schätzungen der
Welternährungsorganisation zufolge plünderten
internationale Schwarzfischer vor Somalia bis zu ihrer teilweisen
Vertreibung durch die Piraten jährlich Fisch und Krustentiere
im Wert von etwa 94 Millionen Dollar. Die Verdrängung der
Subsistenzfischer aus ihren Fanggründen und das gleichzeitige
Fehlen staatlicher Strukturen waren Auslöser einer Spirale,
die heute Piraterie zu einem lukrativen Geschäft krimineller
Netzwerke macht.
Außerdem
weist die VN-Umweltorganisation darauf hin, dass radioaktive
Abfälle, Schwermetalle und Chemikalien aus
Industrieländern vor Somalia verklappt werden. Auch vor diesen
Ursachen der Piraterie darf die internationale Staatengemeinschaft
nicht die Augen verschließen. Die ATALANTA Mission darf
keinesfalls dazu führen, dass internationale
Schwarzfangflotten ohne Lizenz nun wieder ungestört vor
Somalia operieren können. Vielmehr sollte mit der Mission auch
das Vorhandensein von Fangrechten überwacht werden. Wenn wir
es ernst meinen, kann die ATALANTA Mission also nur ein erster
Schritt sein. Sie muss begleitet werden von wirksamen zivilen
Maßnahmen unter dem Dach der Vereinten Nationen zur
Beendigung des Bürgerkrieges, zum Wiederaufbau
tragfähiger staatlicher Strukturen in Somalia sowie gegen
Raubfischerei und Müllverklappung vor der somalischen
Küste.“
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