21. Januar
2005
Moshammer zum Beispiel
Renate
Gradistanac sprach zum Antidiskriminierungsgesetz
Diskriminierung lässt sich nicht per Gesetz verhindern.
Renate Gradistanac („Ich mit meinem typisch schwäbischen
Namen“) weiß das. Aber das Antidiskriminierungsgesetz
versetzt Betroffene in die Lage, sich künftig wirkungsvoll zu
wehren.
In einer Rede
vor dem Deutschen Bundestag am Freitag erläuterte die
SPD-Bundestagsabgeordnete und Familienpolitikerin den von SPD und
Grünen zur ersten Lesung vorgelegten Gesetzentwurf. Das
Antidiskriminierungsgesetz setzt europäische Richtlinien in
deutsches Recht um.
Neu ist
künftig ein differenziertes Diskriminierungsverbot im
Privaten. Selbstverständlich wird auch künftig jede/r
selbst entscheiden, an wen er etwa eine Wohnung vermietet. Aber
eine Zurückweisung von Behinderten, auch etwa in
Gaststätten, darf es nicht mehr geben. Beim Abschluss von
Versicherungen dürfen unterschiedliche Tarife nicht mehr mit
Verweis auf Geschlecht oder sexuelle Identität begründet
werden.
Grundsätzlich untersagt das Antidiskriminierungsgesetz
Benachteiligung im Arbeits- und Zivilrecht, im Einzelnen:
Benachteiligungen wegen ethnischer Herkunft,
Religion/Weltanschauung, Alter, Geschlecht, Behinderung und
sexueller Identität. Bei Verstößen drohen
Sanktionen. Belästigung oder sexuelle Belästigung werden
bestraft.
Sanktionen
alleine werden das Denken nicht ändern. Die neu eingerichtete
Antidiskriminierungsstelle des Bundesfamilienministeriums soll die
Benachteiligung von Frauen und Männern stärker als bisher
publik machen. Renate Gradistanac setzt auf eine
„Antidiskriminierungs-Kultur“.
Das Gesetz
stärkt erneut die Rechte von Schwulen und Lesben, aber auch
bisexueller, transsexueller und zwischengeschlechtlicher Menschen.
„Nur vier Prozent der Schwulen und Lesben“, so
Gradistanac mit Verweis auf eine Studie, „können am
Arbeitsplatz offen mit ihrer Homosexualität umgehen. Aus Angst
verheimlichen sie ihre sexuelle Identität. Sexualität ist
dann keine Privatsache, wenn Menschen Vorurteilen ausgesetzt sind,
Benachteiligungen fürchten, in der Angst leben, ihren
Arbeitsplatz zu verlieren oder erst gar keinen zu
bekommen.“
Diskriminierung funktioniert subtil über die Sprache. Die
Polizei, so war nach der Ermordung von Rudolph Moshammer auch in
Qualitätszeitungen zu lesen, ermittle im
„Homosexuellen-Milieu“. Der mittlerweile ermittelte
mutmaßliche Täter ist gar nicht homosexuell. Aber hat
seither eine Zeitung getitelt, dass der Täter aus dem
„Heterosexuellen-Milieu“ entstamme?
Renate
Gradistanac erinnerte an den CSU-Kollegen Norbert Geis, der
Homosexualität einst im Bundestag als „Perversion“
bezeichnet hat. „Rückblickend auf meine sechs Jahre
Arbeit als Abgeordnete, habe ich bei keinem anderen Thema so viele
abstoßende Emails und Briefe erhalten. Ich wünsche mir,
dass sich die Menschen endlich mit ihren eigenen Ängsten und
Vorurteilen auseinandersetzen - und diese nicht auf andere
projizieren. Ich wünsche mir, dass zu guter Letzt auch die
Kirchen ihre Standpunkte überdenken.“
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