Seeleute dürfen nicht wie Gefangene an Bord behandelt werden

November 2004

Rede vor dem Deutschen Bundestag

Im Juli 2004 sind verschärfte internationale Sicherheitsvorschriften auf Schiffen und in Häfen (ISPS-Code) zum Schutz vor terroristischen Angriffen in Kraft getreten. Seitdem häufen sich Probleme für Reeder und Seeleute: Reeder können plötzlich Besatzungen nicht mehr im vorgesehenen Hafen auswechseln, weil Sicherheitsvorschriften unterschiedlichster Art dies verhindern. Seeleute dürfen nur unter hohem bürokratischem Aufwand, der sich nicht nur von Hafen zu Hafen, sondern auch noch in unterschiedlichen Hafenbereichen deutlich unterscheidet, zum Landgang von Bord. Seeleute islamischer Herkunft dürfen oft gar nicht mehr von Bord, Besucher werden häufig nicht mehr aufs Schiff gelassen, selbst Seemannsmission und Gewerkschaft sehen sich manchmal vor unüberwindlichen Hürden, die an Bord „gefangenen“ Seeleute mit dem Nötigsten zu versorgen. Selbst Telefonate mit Familienangehörigen wurden z.B. pakistanischen Seeleuten in einem deutschen Hafen verweigert. Vorausschauend hatte schon Mitte 2003 die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) eine den ISPS-Code ergänzende Konvention beschlossen, die die Balance zwischen den berechtigten Sicherheitsinteressen der Staaten, den wirtschaftlichen Interessen der Reeder und den individuellen Menschenrechten der Seeleute schafft: Seeleute haben ihren Arbeitsplatz auf Schiffen. Sie erreichen diesen Arbeitsplatz nur in Häfen – also müssen sie grundsätzlich das Recht haben, ihr Schiff visumsfrei für einen Landgang im Hafen zu verlassen. Reeder und Seeleute sind angewiesen auf erleichterte Durchreisebestimmungen zum Crew-Wechsel oder für den Heimaturlaub. Dafür muss die Identität des Seemanns zweifelsfrei nachgewiesen werden. Dies erfolgt über einen international gleichen Ausweis, dessen Daten zum sofortigen direkten Abgleich in einer für die kontrollierenden Behörden international zugänglichen Datenbank gespeichert sind. Diese ILO-Konvention 185 wird zum Februar 2005 in Kraft treten. „Das Parlament des Deutschen Bundestages drängt auf Eile bei der Ratifizierung und Umsetzung in nationales Recht. Die Sicherheitsbestimmungen des ISPS-Codes sind in Kraft, aber die Menschen, die an Bord der Schiffe arbeiten, wurden dabei vergessen: Wir wollen, dass sie im Zuständigkeitsbereich der Bundesrepublik Deutschland so schnell wie möglich ihre gemäß der Konvention vereinbarten Rechte erhalten!“ erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Margrit Wetzel.

 

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