Dass Politiker und Vertreter von Bürgerinitiativen
miteinander reden, sollte sicher zur Tagesordnung gehören. Dass man dabei
redlich miteinander umgeht allerdings ebenfalls.
Da an verschiedensten Stellen von Vertretern der Bürgerinitiativen gegen die
A 22 inzwischen offensichtlich Missbrauch durch eine unredliche Umdeutung
einer Äußerung von mir gemacht wird, die aus dem Zusammenhang gerissen und
neu in falschen Zusammenhang gebracht wird, sehe ich mich genötigt, eine
Klarstellung vorzunehmen:
Selbstverständlich bin ich mit absoluter politischer Überzeugung nach wie
vor dafür, dass die A 22 zwischen fester Elbequerung und Wesertunnel so
schnell wie möglich realisiert werden muss. Dies geht übrigens aus dem
fraglichen Artikel im Stader Tageblatt auch unmissverständlich und richtig
hervor.
Ebenfalls richtig von der teilweise beim Gespräch anwesenden Redakteurin ist
die Äußerung, die ich gemacht habe, wiedergegeben. Aus dem Artikel ist auch
der Zusammenhang erkennbar – es ging im dem Gespräch mit Vertreterinnen der
Himmelpfortener Bürgerinitiative nämlich ausschließlich und sehr konkret um
„die Region“ Engelschoff und Estorf, also einen extrem strukturschwachen
Raum.
Die Verabredung mit den Damen aus den beiden Dörfern kam zustande, weil ich
einer osteuropäischen Praktikantin, die mich eine Woche im Wahlkreis
begleitete und in meinem Berliner Büro meine verkehrspolitische Arbeit (u.
a. für die A 22) kennengelernt hat, die Gelegenheit geben wollte,
außerparlamentarische Arbeit in Deutschland kennen zu lernen und zwar die
Arbeit von Bürgerinitiativen, die anderer Auffassung sind als ich.
Dabei erläuterte ich den Vertretern der Initiative, warum ich für die
A 22 bin: Weil es notwendig ist, die vorhandenen und aufgrund der
Hafenentwicklungen drastisch zunehmenden Verkehre (LKW und Container) zu
bündeln – das bedürfe im Falle der A 22 unbedingt einer neuen Trasse.
Meine Gesprächspartnerinnen beharrten darauf, dass ich als gewählte
Vertreterin dieses Wahlkreises vor allem ihre kleinräumigen
Interessen zu wahren habe und stellten die Frage, „welchen wirtschaftlichen
Mehrwert“ denn die konkrete „Region“ (Raum Himmelpforten
® Neuland / Engelschoff), für die am Tag
zuvor die „Vorzugsvariante“ bekannt gegeben war, zu erwarten hätte.
Meine Antwort darauf: In dem strukturschwachen Raum, in „Moordörfern“, sei
mit absoluter Gewissheit kein wirtschaftlicher Mehrwert („keine
blühende wirtschaftliche Entwicklung“) zu erwarten – wer so etwas
verspreche, belüge schlicht die Menschen dort. Kleinräumige Betroffenheiten
hätten bei einer Entscheidung für eine Transitautobahn, die wesentlicher
Bestandteil des Transeuropäischen Netzes sei, aber auch keine Bedeutung: wer
sich gegen einen bestimmten Trassenverlauf wehren wolle, brauche gute
Sachargumente. Allein die Tatsache, dass jemand im Moor so ruhig wohne und
zukünftig Belastungen einer Autobahn zu ertragen habe, sei gewiss kein
hinreichender Grund für einen anderen Verlauf der Trasse. In diesem
Zusammenhang verwies ich auf die schädliche Wirkung von „LKWs und
Containern“, die sich durch Dörfer quälen.
Mein Hauptargument für die A 22 (auf der ganzen Trasse) sei die
Bündelung der Verkehre, nicht die wirtschaftliche Entwicklung.
„Wirtschaftliche Entwicklung“ werde als Argument oft viel zu unreflektiert
verwendet: an Autobahntrassen wie z. B. der A 27 sei in strukturschwachen
Gebieten bestens zu beobachten, dass sich keine neuen Ansiedlungen ergeben
und auch Autobahnabfahrten seien kein Garant für die dauerhafte Sicherheit
von Arbeitsplätzen: dafür sei die Molkerei in Sittensen ein trauriges
Beispiel. Pauschal „wirtschaftliche Entwicklung“ zu versprechen, wäre ein
„verlogenes Argument“.
Selbstverständlich sind Autobahnen Standortvorteile für die
vorhandenen Unternehmen und ggf. auch für ansiedlungswillige Unternehmen.
„Blühende wirtschaftliche Entwicklung“ – insbesondere für strukturschwache
Räume - kann aus einer Autobahn allein nicht abgeleitet werden.
Ebenso selbstverständlich ist zu erwarten, dass wirtschaftlich starke
Zentren / Cluster durch die A 22 weitere Vorteile haben werden: das gilt
sicher im Bereich Großraum Stade für das CFK-Valley, für das Bützflether
Industriegebiet und die Hafenentwicklung ebenso wie z. B. für Bremervörde,
das trotz katastrophaler Verkehrslage eine hervorragende wirtschaftliche
Lage hinsichtlich der Ansiedelung von Unternehmen hat.
Wer also meint, das Zitat aus dem Stader Tageblatt aus dem Zusammenhang
reißen zu können und in anderen Regionen gegen die A 22 oder gegen
diejenigen verwenden zu können, die aus berechtigten eigenen
wirtschaftlichen Interessen heraus Geld für die Planung der A 22 gegeben
haben, nimmt eine unredliche Umdeutung meiner ehrlichen Antwort gegenüber
Anwohnern von „Moordörfern“ vor.
Dass es dort ökologische Argumente gegen spezielle Trassenverläufe geben
mag, ist unbenommen – das war aber an keiner Stelle Gesprächsgegenstand.
Diese Erklärung ist deshalb auch keine „Gegendarstellung“, denn die
Redakteurin hat in der Kürze des Artikels durchaus den Zusammenhang des
Gesprächs vorher anklingen lassen, es handelt sich lediglich um eine
Klarstellung, weil von Vertretern der BI gegen die A 22 offenkundig
breiträumig Missbrauch mit einem „Zitat“ getrieben wird.
Horneburg, den 08.07.2007
Dr. Margrit Wetzel MdB |