Ausschreibung der Bahnstrecke Hamburg – Cuxhaven zieht Kreise nach Bonn und Berlin

Verkehrspolitikerin Margrit Wetzel (SPD) schaltet Bahnchef Hartmut Mehdorn und den Präsidenten des Bundeskartellamts Ulf Böge ein

Juni 2006
„Wettbewerb ist das jedenfalls nicht!“ kritisiert die SPD – Verkehrspolitikerin Margrit Wetzel die Ausschreibung der SPNV-Leistungen auf der Strecke Hamburg – Cuxhaven durch die LNVG. Vorgeschrieben wird der Einsatz der landeseigenen Fahrzeuge und deren Wartung in Bombardier-zertifizierten Werkstätten.

„Natürlich wollen wir endlich anständiges Wagenmaterial auf der Strecke. Aber dass die Ausschreibung von der landeseigenen Gesellschaft mit landeseigenen Fahrzeugen, die aus Regionalisierungs- und GVFG-Mitteln  -also Steuergeldern- beschafft wurden, passgenau auf das in Mehrheitsbesitz des Landes stehende Bahnunternehmen zugespitzt wird, hat mit Wettbewerb nichts mehr zu tun.“ Wetzel macht sich zum Anwalt der Beschäftigten auf der Strecke: Es sei volkswirtschaftlich absolut unsinnig, dass bei der Bahn Mitarbeiter entlassen werden, für die dann Lohnersatzleistungen aufgebracht werden müssen, während zeitgleich ein Wettbewerber neue Leute einstellt, für deren Qualifizierung vermutlich öffentliche Mittel erhält und zusätzlich ggf. noch Lohnkostenzuschüsse in Anspruch nehmen könne – „So können wir keine Arbeitslosigkeit abbauen, ein solches System pervertiert sich selbst“, beklagt Wetzel.

„Eine Ausschreibung soll dem Wettbewerb potenzieller Bieter um den Mix aus bester Leistung, bester Qualität und geringsten Kosten dienen. Wenn letztlich alles von vornherein auf nur noch einen einzigen Bieter hinausläuft, ist etwas faul mit unserem ‚Wettbewerb’. Deshalb habe ich den Präsidenten des Bundeskartellamts als obersten Wettbewerbshüter um eine Überprüfung solcher Ausschreibungspraxis und eine Stellungnahme gebeten.“ 

„Aber ich will auch die DB AG nicht aus der Verantwortung entlassen: Ich habe den Beschäftigten der DB Regio versprochen, dass ich den Bahnchef Hartmut Mehdorn einschalte und ihn auffordere, dafür zu sorgen, dass die DB Regio sich doch noch an der Ausschreibung beteiligt. Die Argumente der Bahn sind reichlich fadenscheinig.

Vermeintlich höhere Lohnkosten laufen auf ganze 0,8% Differenz in der Summe hinaus, eine Marktanalyse wird als „zu teuer“ dargestellt und der Einsatz von fremden Wagenmaterial als unzumutbar und mit dem „Geschäftsmodell“ nicht vereinbar,“ listet Wetzel die Argumente der Bahn auf.

Die Bahn müsse sich dann schon fragen lassen, warum sie die Bedienung der Strecke systematisch heruntergewirtschaftet habe, altes, marodes Wagenmaterial mit defekten Türen und ausgebauten WCs auf die Strecke gelassen habe.

Wetzel: „Wer eine Ausschreibung für die Zukunft gewinnen will, muss anständige Züge einsetzen, also hätte auch DB Regio investieren müssen.“   Das müsse in die Kostenkalkulation der Bahn einfließen und dann stünden die Konditionen sicher in einem anderen Licht da. Die Bahn sei es ihren Mitarbeitern schuldig, sich an der Ausschreibung ernsthaft zu beteiligen, verweist sie darauf, dass die Arbeitnehmer der Bahn in einem Beschäftigungssicherungstarifvertrag weitgehend entgegengekommen seien.

Wer nicht bietet, hat schon verloren: „Wir beschäftigen uns auf Bundesebene seit Monaten intensiv mit dem von Herrn Mehdorn gewollten Börsengang der Bahn. Ich will eine Bahn, die alles tut, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen!“ sieht sie durchaus Zusammenhänge zwischen den bundespolitisch großen Forderungen des Herrn Mehdorn und dem kleinlichen Gebaren im ländlichen Raum und dem systematischen Rückzug aus der Fläche.

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