Kommentar Niederelbe-Zeitung:

Dezember  2004

„Sozis“ für Soziales

„Wir müssen nun mal einiges korrigieren in unserem Land, wenn wir fit sein wollen für die Zukunft. Da ist es einerlei, welche Partei die Regierung stellt – die eine würde es so machen wie die andere!“ Aussagen wie diese höre ich immer häufiger, wenn ich mit Menschen aus und in Hadeln im Gespräch bin. Ich gebe zu, dass mich das einigermaßen erstaunt. Es ist nämlich trotz des inzwischen breit akzeptierten Reformbedarfs keineswegs einerlei, wie man das macht!

Beispiel Steuern: Trotz massiven Widerstands der Opposition über ihre Mehrheit im Bundesrat hat Rot-Grün z.B. seit 1998 mehr als 70 Steuervergünstigungen abgeschafft, die vorher vor allem Beziehern hoher Einkommen genützt haben. Einkommensmillionäre zahlen nun wieder Steuern – im Gegensatz zur Kohl-Zeit, als sie sich noch künstlich arm rechnen konnten. Die Steuerlasten wurden gerechter auf starke und schwache Schultern aufgeteilt. So tragen heute die zehn Prozent der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen 54 Prozent der gesamten Lohn- und Einkommensteuer. Die 20 Prozent mit den geringsten Einkommen zahlen inzwischen überhaupt keine Lohn- und Einkommensteuer mehr. Eine Familie mit zwei Kindern muss 2005 erst Steuern zahlen, wenn ihr Bruttoeinkommen im Jahr 37.540 Euro übersteigt. Bis 1998 musste diese Familie unter der Kohl-Regierung dafür noch knapp 3000 Euro Steuern zahlen.

Beispiel Hartz IV: Langzeitarbeitslosen und erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern werden neue Chancen und Perspektiven eröffnet. Mit Hartz IV haben nun alle erwerbstätigen Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger die gleichen Ansprüche auf Förderung. Sie erhalten über die Qualifizierungsangebote hinaus bei Bedarf Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Schuldnerberatung oder psychosozialen Betreuung. SPD und Grüne haben im Ringen mit der Opposition dabei u. a. durchgesetzt, dass die Arbeitslosengeld-II-Empfänger renten-, kranken- und pflegeversichert werden und dass Arbeits-lose nach Auslaufen des versicherungsfinanzierten Arbeitslosengeldes zwei Jahre lang Zuschüsse zum Arbeitslosengeld II erhalten. Wer zum Arbeitslosengeld II hinzuverdient, behält davon deutlich mehr als früher in der Sozialhilfe.

Beispiel Gesundheitspolitik: Die rot-grüne Koalition macht sich für eine Bürgerversicherung stark, die alle Erwerbstätigen und alle wichtigen Einkommensarten gerecht einbezieht, während die CDU/CSU sich auf eine Kopfpauschale eingeschworen hat, die Menschen mit geringen Einkommen relativ höher belastet. Bei dem CDU/CSU-Modell der Kopfpauschale wird zum Beispiel derjenige, der bis zu 1557,14 Euro monatlich verdient, mit 7 Prozent belastet, derjenige, der 3500 Euro verdient, aber nur mit 4,36 Prozent. Beispiel Ausbau des Betreuungsangebotes für Kleinkinder: Mit 1,5 Milliarden Euro jährlich soll nach Plänen der rot-grünen Koalition das Angebot an Kinderkrippen erhöht und in die frühkindliche Erziehung und Bildung investiert werden, um auch mehr Chancengleichheit zu erreichen. Dazu hat die Koalition das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) aus einem umfangreicheren - zu-stimmungspflichtigen – Gesetz ausgegliedert und verabschiedet. Statt Streit um föderalistische Prinzipien – es sind die Kommunen, die eigentlich verpflichtet sind, dem Bedarf genügende Krippenplätze bereitzuhalten – setzt Rot-Grün auf Handeln und Unterstützung der Kommunen, damit Deutschland hier endlich den Standard vergleichbarer europäischer Länder erreicht. Die Opposition wollte das Gesetz im Bundesrat stoppen. Es sind – allen Behauptungen zum Trotz – eben nicht alle Parteien gleich in unserem Land und sie geben auch nicht alle die gleichen Antworten auf die Probleme unserer Zeit. „Sozis“ stehen immer noch für Soziales!

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