Kommentar Niederelbe-Zeitung:

Januar  2005

Kommunen aufgepasst!

„Kommunalpolitiker zu sein macht keine Freude mehr“, diese Klage hören wir nicht nur in Hadeln, sondern überall. Nirgends kann man mehr gestalten, das Geld für freiwillige Aufgaben fehlt ganz. Die Steuereinnahmen sind weggebrochen. Kein Wunder: seit vielen Jahren klagt die Wirtschaft über zu hohe Steuern, möchte am liebsten gar keine mehr zahlen. Dass Steuersenkungen auch weniger Einnahmen zur Folge haben, hätte jedem klar sein müssen.

ABER: Die Gemeinden haben ihre Gewerbesteuereinnahmen in voller Höhe behalten. Hier geschieht eine wichtige Umverteilung vom Bund zu den Gemeinden: die Personengesellschaften zahlen ihre Gewerbesteuer ganz normal an die Gemeinden weiter, dürfen sie aber pauschaliert von ihren Einkommenssteuern abziehen. Die konjunkturabhängige Komponente der Gemeindeeinnahmen ist damit erhalten geblieben.

Wir haben aber auch unser Möglichstes dafür getan, dass die Gemeinden zukünftig eine konjunkturunabhängige Sicherung erfahren: Die umstrittene Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (besser bekannt unter dem Namen Hartz IV) wird dafür sorgen.

Das möchte ich Ihnen erklären: Während das Arbeitslosengeld noch eine beitragsfinanzierte Leistung ist, handelt es sich beim Arbeitslosengeld II – kurz „ALG II“ (nach Hartz IV) genannt - um eine steuerfinanzierte Leistung. Sie erinnern sich: Das Arbeitslosengeld wurde jetzt für das Gros der Bezieher auf 12 Monate gekürzt. Warum? Eine Durchschnittsrechnung: Der Arbeitsnehmer beginnt mit 20 Jahren Gehalt zu beziehen, wird mit 50 arbeitslos, hat also 30 Jahre Arbeitslosenversicherungsbeiträge eingezahlt.
Angenommen er hätte zu Beginn seiner Tätigkeit 1000,-- DM verdient, zum Ende hin umgerechnet 5000,-- DM (jetzt Euro), er hätte über die ganze Laufzeit ca. 3,25 % Arbeitnehmeranteil monatlich an der Arbeitslosenversicherung gezahlt.
Egal, ob Sie nun rechnen, der Arbeitnehmer habe 30 Jahre lang 3 %, also summiert ca. 90 % eines durchschnittlichen Jahresgehalts eingezahlt, oder ob Sie spitz ausrechnen, welche Einzahlungen monatlich erfolgten, diese summieren und ins Verhältnis zu den 67% des letzten Arbeitseinkommens als Arbeitslosengeldbezug setzen – Sie kommen im Ergebnis darauf, dass (immer der durchschnittliche!) arbeitslose Arbeitnehmer etwa für ein Jahr Bezugsdauer sein Arbeitslosengeld durch Versicherungsbeiträge „angespart“ hat. Die 12 Monate Bezugsdauer machen also Sinn und sind m. E. nachvollziehbar. Was aber geschieht nun mit den Menschen, die länger arbeitslos bleiben?

Sie haben einen hohen Anspruch auf Unterstützung durch uns alle Steuerzahler, dass sie möglichst bald wieder einen Arbeitsplatz finden. Die Agentur für Arbeit muss alles tun, die Arbeitsuchenden zu vermitteln, der Staat muss auch für diejenigen die Rahmenbedingungen verbessern, die arbeiten könnten, aber z. B. kleinere Kinder betreuen müssen. Einen Anspruch auf die Aufrechterhaltung eines unterschiedlichen Lebensunterhaltes aus Steuergeldern (das ist nämlich das neue ALG II) gibt es hingegen nicht. Warum auch sollten die kleine Verkäuferin, die Krankenschwester, der Busfahrer oder der Briefzusteller dem arbeitslosen Manager und seiner Familie den gewohnten Lebensstandard finanzieren? Auch er bekommt also – bei Bedürftigkeit - den „normalen“ Satz ALG II, genauso wie der arbeitslose Busfahrer oder die Krankenschwester. Was passiert jetzt aber bei den Gemeinden?

Sie müssen nicht mehr die Sozialhilfe zahlen für all die Langzeitarbeitslosen, die keine Ansprüche mehr gegenüber dem Arbeitsamt hatten. Alle arbeitsfähigen Personen – und dazu gehört auch die allein erziehende Mutter, die Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat – beziehen zukünftig das „ALG II“ aus Bundesmitteln. Die Kommunen sind also entsprechend entlastet. Und zwar konjunkturunabhängig, was ganz wichtig ist. Arbeitslosigkeit ist eine Konjunkturfrage und dieses Risiko liegt zukünftig nicht mehr bei den Kommunen, sondern beim Bund. Eine Überprüfung dieser Entlastung im Frühjahr 2005 garantiert den Gemeinden, dass das vom Bund zugesagte Entlastungsvolumen auch bei ihnen ankommen soll. ABER: Da der Bund den Gemeinden laut Verfassung nie direkt Geld zukommen lassen kann, muss das auf dem Umweg über die Länder geschehen. Niedersachsen kann dabei, wenn die Kommunen nicht aufpassen, ganz schön etwas für seine Töpfe abzwacken. Da der Bund ein Entlastungsvolumen von 3.5 Mrd. Euro garantiert hat, ist es also immens wichtig, dass die Kommunen ihre tatsächlichen Einsparungen auch berechnen. Das geht.

Liebe Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen: lasst Euch bitte nicht erzählen, das ginge alles nicht. Wenn es so wäre, hätten Länder und kommunale Spitzenverbände eine solche Garantie nie akzeptiert.

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