Kommentar Niederelbe-Zeitung:

Januar 2006

Wachsamer Blick auf die Rente

Nichts gegen Experten, die in den Medien ihr Wissen kundtun und öffentlich machen. Manchmal aber werden Leserinnen und Leser oder Zuhörerinnen und Zuhörer irritiert oder verunsichert. Dies gilt natürlich besonders, wenn es um die Rente und damit um unser aller Absicherung im Alter geht. So haben mich denn auch aus Hadeln einige ältere Menschen beunruhigt angerufen, als in der vergangenen Woche Experten über die Medien äußerten, dass Rentenkürzungen unvermeidbar seien. Ja, hat denn die Politik wieder geschlafen?

 Glücklicherweise sind aber nicht nur die Experten wach, sondern auch wir Politiker selbst haben uns schon lange und intensiv mit der voraussichtlichen Rentenentwicklung beschäftigt und viele verschiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert und abgewogen.

Die Sicherung der Renten soll unter anderem durch die schrittweise Anhebung des Rentenalters ab dem Jahr 2012 erfolgen. Spätestens 2035 soll dann ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreicht sein. Wer früher in Rente gehen möchte, kann dies tun, muss dann aber entsprechende Abschläge hinnehmen. Gleichzeitig hat unser Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering auf die aktuelle Rentenentwicklung reagiert. Er will dafür sorgen, Rentenkürzungen zumindest bis 2009 völlig auszuschließen.

Sie wissen ja: Die Rentenentwicklung ist an die Lohnentwicklung gekoppelt, und deshalb müsste eigentlich die im Juli fällige Rentenanpassung als Minusrunde ausfallen. Die Löhne sind im vergangenen Jahr wie auch schon in den Vorjahren durchschnittlich gesunken. 2005 haben dazu maßgeblich die Ein-Euro-Jobs beigetragen, die in die Rentenberechnung eingeflossen sind. Sie sollen deshalb zu-künftig grundsätzlich aus der für die Rentenberechnung bedeutsamen Lohnentwicklung herausgerechnet werden.

Die aktuell dieses Jahr aus der Berechnung noch folgende Rentenkürzung will unser Vizekanzler mit einem Gesetz verhindern. Die dadurch entstehenden Kosten sollen - und müssen - zum Erhalt der Finanzierbarkeit der Rentenversicherung zu einem späteren Zeitpunkt wieder hereingeholt werden, indem auf steigende Löhne nicht automatisch mit Rentenerhöhungen reagiert wird, sondern zunächst „das vorherige Minus“ gegengerechnet wird. Allein die in diesem Jahr durch das geplante Gesetz verhinderte Rentenkürzung schlägt mit Kosten in Höhe von rund zwei Millionen Euro zu Buche.

Schon diese stark vereinfachte Darstellung zeigt, wie kompliziert das Problem ist und wie viel Fingerspitzengefühl und Sachverstand zugleich hier erforderlich sind.

 Mir scheint, dass sich gerade bei solchen gravierenden Entscheidungen, die eine Balance zwischen den betroffenen Menschen und den Möglichkeiten unseres Gemeinwesens verlangen, der Sinn der Großen Koalition bestätigt, indem die zwei großen Volksparteien jetzt gemeinsam und nicht gegeneinander um eine Lösung ringen. Für mich ist es zugleich ein gutes Gefühl, dass mit Franz Müntefering ein erfahrener Sozialdemokrat vorrangig mit diesen Problemen betraut ist. Er weiß, wie wichtig es ist, auf Probleme, die nicht im Vorwege erkannt wurden, schnell zu reagieren, damit sich die betroffenen Menschen nicht unnötig Sorgen machen müssen. Wir lösen das Problem, noch ehe es öffentlich zu einem großen Thema wird und bevor sich Ängste festsetzen – und so sollte Politik doch auch gemacht werden.

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