Kommentar Niederelbe-Zeitung:

Wir wollen mehr!

März 2007
„Gute Ideen setzen sich letztlich immer durch!“ – Dieser optimistische Satz trifft in der Realität natürlich nicht immer zu. Die Familienpolitik aber scheint er in den vergangenen Jahren stetig zu begleiten:

Die rot-grüne Regierungskoalition hat – besonders in der Amtszeit von Familienministerin Renate Schmidt – damit begonnen, eine andere Richtung in der Familienpolitik einzuschlagen. Sie führte weg von der konservativen, antiquierten Form einer allein auf die Erhöhung von Geldtransfers an Familien gerichteten Politik, hin zu einem intelligenten Mix aus Infrastruktur, Zeit und Geld. Ziel war dabei, echte Wahlfreiheit für die Familien zu erreichen. Mütter wie Väter sollten je nach Lebensvorstellung entscheiden können, ob sie ihre Kinder selbst betreuen oder ob man oder „frau“ trotz der Kinder berufstätig sein möchte oder aus finanziellen Gründen berufstätig sein muss.

Bausteine dieser Politik waren und sind der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen, die flexible Elternzeit, das Recht auf Teilzeitarbeit, die steuerliche Begünstigung von Familien, die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und das Elterngeld.

Was diese Bausteine im Einzelnen bedeuten und wie wichtig und hilfreich sie für die Wahlfreiheit der Eltern und die gesunde Entwicklung der Kinder sind, können wohl vor allem die berufstätigen Mütter in unserem Land beurteilen - Mütter, die als Krankenschwestern arbeiten oder als Busfahrerinnen, als Abteilungsleiterinnen in einem großen Unternehmen oder als Politikerinnen. Ja, auch viele Frauen in der Politik wissen aus Erfahrung, welche Probleme zu meistern sind, wenn man Kinder und Berufstätigkeit vereinen möchte. Deutschland hat nicht nur seine politische „Vorzeigemutter“ – auch in den Reihen der Bundestags- und Landtagsabgeordneten findet man sie – leise und unspektakulär.

Auch ich kann als Mutter zweier – nun erwachsener – Kinder viele Lieder davon singen, wie wichtig Handys sind für Gespräche mit den Kindern zwischen Sitzungen, wie die Gefühle einen zerreißen, wenn man als Mutter aufgrund beruflicher Termine eine gemeinsame Freizeitplanung verändern muss und dass nur die Sicherheit einer liebevollen und fachlich guten Betreuung überhaupt erst eine Berufstätigkeit ermöglichen.

Renate Schmidt ist es damals gelungen, die Dringlichkeit einer neuen Gestaltung der Familienpolitik so überzeugend zu vermitteln, dass sie zur Chefsache wurde. Herausgekommen war dann unser milliardenschweres Programm für Ganztagsschulen, das Elterngeld wurde in den Grundzügen entwickelt und mit dem Tagesstättenausbaugesetz wurde ein erster Schritt für ein größeres Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren eingeleitet.

Familienministerin Ursula von der Leyen setzt diese Politik von Renate Schmidt nun fort. Ich freue mich darüber, denn sie zeigt sich damit als sehr mutig in ihrer Fraktion. Es ist keine Frage, dass wir Sozialdemokraten sie in der großen Koalition  auch unterstützen, damit das dringend notwendige Umdenken beim Koalitionspartner erleichtert wird.  

Zugleich drängen wir aber auf deutliche Fortschritte in der Kinderbetreuung. Hoffentlich ist die Zeit bald reif für die Festschreibung eines Rechtsanspruchs auf einen ganztägigen Betreuungsplatz für alle Kinder vom 1. Geburtstag bis zum Schuleintritt - damit nicht nur Mütter und Kinder aus gut situierten Familien mit Kindermädchen ihr Leben so gestalten können wie sie möchten.

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