Kommentar NEZ: Mit den Linken? So ganz gewiss nicht!

 

März 2008
Das Ergebnis der Hessenwahl und die daraus resultierenden Diskussionen haben für kräftige Unruhe gesorgt. In meinem Wahlkreis haben mich viele Menschen angesprochen, und zwar nicht nur SPD-Mitglieder, um mit mir zu diskutieren, wie die SPD denn nun zur Linken stehe.

Die Diskussion ist schwierig, weil sie so ungeheuer vielschichtig ist. Was ist in Hessen geschehen: Vor der Wahl gab es etliche Vorfestlegungen, zumindest darüber, wer nicht mit wem koalieren wollte. Die SPD hat klar gesagt, dass sie weder mit den Linken noch mit der CDU eine Koalition wollte. Ziel der SPD: Hessens Ministerpräsident Koch sollte unbedingt abgelöst werden.

Das Wahlergebnis und die Haltung von Grünen und FDP machen die bestehende Gemengelage nicht einfacher. Natürlich hat es schlimme, unprofessionelle Fehler gegeben. Hätte Kurt Beck sich nicht ganz aus der Hessenfrage heraushalten können? Andrea Ypsilanti hätte sich der eigenen Mehrheit in der Fraktion versichern müssen, Dagmar Metzger hätte niemals ob ihrer Haltung in Frage gestellt werden dürfen. Andererseits: jede/r amtierende Abgeordnete wird Ihnen bestätigen, dass man (oder frau) in einer solchen Situation vor einer rundherum wichtigen Entscheidung bei unklaren Wahlergebnissen nicht in Urlaub fährt, sondern in der Fraktion ist und dort seine Meinung vertritt.

Meine eigene Haltung in der Frage nach einer Zusammenarbeit mit der Linken orientiert sich an zwei Grundsätzen.

Erstens: In jedem Bundesland müssen die Parteien grundsätzlich selbst entscheiden, auf welche Weise sie die Wahlergebnisse versuchen in eine Regierungsmehrheit zu bringen, die ihren eigenen Zielen am meisten entspricht. Dabei ist die offensichtlich schwierige Gemengelage aus fünf Parteien grundsätzlich nichts Neues. Nach der Einheit hat die SPD einen Beschluss, dass die Autonomie der Landesparteien gilt, schon einmal gefasst und in der Folge führte Reinhard Höppner (SPD) eine erfolgreiche erste Minderheitenregierung in Sachsen-Anhalt. Einer seiner Staatssekretäre war übrigens Dr. Jürgen Schneider, vorher hochgeachteter Stadtdirektor aus Stade, SPD-Mitglied, für seine eher konservative Haltung bestens bekannt. In Berlin gibt es eine erfolgreich arbeitende rot-rote Regierungskoalition, bei der die Linken notgedrungen SPD-Politik mitmachen. Der linke Lack ist dort ab, wie man etwas flapsig sagen könnte.

Zweitens: Ich persönlich halte die Linke im Bund auf absehbare Zeit ganz klar für nicht koalitions- und regierungsfähig. Das mag sich im Laufe der kommenden Jahre vielleicht ändern, heute aber steht diese Aussage für mich ohne jeden Zweifel: Die politischen Positionen der Linken würden uns außenpolitisch in die Isolation treiben, finanzpolitisch in den Staatsbankrott führen und sozialpolitisch ins vergangene Jahrhundert zurück katapultieren.

Beispiele: Die Linke lehnt den Vertrag von Lissabon als wichtige Weiterentwicklung der stark gewachsenen Europäischen Union ebenso ab wie das übergreifende Verteidigungsbündnis der NATO. Ihre Vorstellungen in der Rentenpolitik würden die Beiträge bis zum Jahr 2030 auf 28 Prozent hochtreiben. Sie reduziert Sozialpolitik auf möglichst hohe Zahlungen, sagt nicht, wo die Einnahmen dafür herkommen sollen und kümmert sich um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und den Standort Deutschland überhaupt nicht. Hohe Lohnnebenkosten, möglichst hohe Steuern und Einschränkungen des Wettbewerbs sind ihre Rezepte. Die Arbeitsplatzverluste, die unweigerlich entstehen, wenn Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht mehr bestehen können, werden schlicht ignoriert. Nach meinen persönlichen Erfahrungen handelt es sich bei viel zu vielen „Linken“ um realitätsferne Träumer, Populisten oder Querulanten, die ihre Vorstellungen in anderen Parteien – auch in der SPD – nicht durchsetzen konnten. Gysi und Lafontaine, ihre Galionsfiguren, sind beide weggelaufen als sie Verantwortung übernehmen sollten: Gysi als Wirtschaftssenator in Berlin, Lafontaine als Finanzminister beim Bund. Weglaufen, weil oder wenn es schwierig wird, darf kein Politiker!

Ziel der SPD ist es, ein soziales Deutschland zu schaffen, in dem wirtschaftlicher Erfolg, ökologische Vernunft und soziale Gerechtigkeit gleichwertig sind – weil die Menschen in unserem Land nur so eine gesicherte Zukunft haben werden. In der Auseinandersetzung mit anderen Parteien geht es in diesem Zusammenhang ausschließlich um Inhalte – und da - das ist eben zurzeit überhaupt keine Frage – sind die inhaltlichen Positionen der Linken einfach viel zu weit von uns entfernt, weil sie kein Programm, kein Verantwortungsbewusstsein und keinen Realitätssinn haben, sondern einfach auf populäre Parolen setzen. Die SPD streitet für gute Arbeit und faire Entlohnung, für mehr Managerverantwortung und für die effektive Begrenzung eines ungezügelten Finanzkapitalismus, für mehr Steuergerechtigkeit und mehr Steuerehrlichkeit, für gleiche Bildungschancen und mehr Zukunftsinvestitionen – das erfordert weitblickende Konzepte und keine „Stimmungs“-Phrasen.

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