Kommentar Niederelbe-Zeitung:

Mai 2007

Betriebsräten den Rücken stärken  

Eins ist jedenfalls ganz sicher: jetzt geht es vor allem darum, den Betriebsräten bei Airbus den Rücken zu stärken. Ihr entschlossener Einsatz hat vor allem anderen bewirkt, dass die ursprüngliche Härte des Sparprogramms Power 08 abgewendet wurde und jetzt gerechter auf alle europäischen Werke verteilt werden soll. Das Grundproblem aber ist damit noch nicht beseitigt. Nach wie vor ist das Sparprogramm nicht nachvollziehbar, denn Arbeit gibt es bei Airbus genug: Die Flugzeuge verkaufen sich gut, die Auftragslage ist bestens. Das Problem sind Liquiditätsengpässe, weil aufgrund von Entwicklungsproblemen beim Großflugzeug A 380 die Einnahmen für das Super-Flugzeug noch nicht kommen und gleichzeitig Strafzahlungen in Höhe von fünf Milliarden Euro an die Besteller drohen. An den Entwicklungsproblemen haben nicht die Mitarbeiter Schuld – da handelt es sich ganz eindeutig um Managementfehler.

Wie allerdings - wie in Power 08 vorgesehen - die gute Auftragslage mit deutlich weniger Mitarbeitern gemeistert werden soll, lassen die gleichen Manager im Nebel. Schon in den 90er Jahren hat Airbus im Rahmen des Sparprogramms Dolores mehrere tausend Jobs gestrichen. Viele qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten damals Airbus verlassen – mit ihnen ging auch Know-how verloren. Auf genau diesem Weg will die Airbus-Konzernleitung nun selbst verschuldete Liquiditätsprobleme lösen, obwohl nicht weniger Arbeit ansteht, sondern im Gegenteil viel exquisite Arbeit gefordert ist – das ist geradezu paradox!

Wir hier in der Unterelbe-Region sind bis nach Otterndorf betroffen, denn hier leben viele der Mitarbeiter des Hauptwerkes in Finkenwerder und der Werke in Stade und Buxtehude. Nach jetzigem Informationsstand sollen bei uns vor allem im Hauptwerk Finkenwerder Arbeitsplätze abgebaut werden, aber weiß man’s? - Die Strategie der Konzernleitung lässt vermuten, dass die vagen und z. T. widersprüchlichen Informationen die Solidarität der Airbus-Belegschaften durchlöchern sollen. Gerade deshalb brauchen sie jetzt unsere volle Rückendeckung.

Denn die Möglichkeiten der Politik sind viel begrenzter als viele hoffen. Sicher ist, dass es keinen Wettlauf zwischen Frankreich und Deutschland um Staatsanteile geben darf. Zuviel Staat würde ein Unternehmen im weltweiten Wettbewerb behindern. Ganz grundsätzlich also ist Zurückhaltung der Staaten eine Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen flexibel reagieren und agieren und so im Wettbewerb bestehen kann.

Außerdem belegt die Geschichte von Airbus ohnehin, dass selbst größtmögliche staatliche Unterstützung Sparprogramme nicht verhindern kann: Europas Politiker haben z. B. rund 4 Milliarden Dollar über Kredite und Bürgschaften allein in die Entwicklung des A380 gesteckt. Hamburg hat 700 Millionen Euro für den Bau von Fabrikhallen zur Verfügung gestellt und das Mühlenberger Loch zugeschüttet – und trotzdem gibt es Power 08. So kann Industriepolitik aktiv werden, im hausgemachten Krisenfall kann sie aber nur begleitend und unterstützend agieren. Das aber sollte sie sehr engagiert tun. Deshalb haben wir als SPD-Bundestagsfraktion einen Luftfahrt-Koordinationskreis gebildet, in dem alle Politiker, die fachpolitisch Kluges beisteuern können oder als Abgeordnete regional betroffen sind, die aktuellen Entwicklungen begleiten, beraten und sich politisch aktiv einmischen.

Airbus ist prägend für unseren Standort Küste. Als Lotsin der SPD-Küstengang habe ich deshalb die Betriebsräte und Vertreter der Gewerkschaft schon mehrfach nach Berlin eingeladen, auch damit sie sich mit hochrangigen Politikern direkt kurzschließen konnten. Und diesen Weg sollten wir weiter verfolgen: Der direkte Draht ist immer die beste Basis für Unterstützung und Solidarität – und das wiederum dürfte unsere schärfste Waffe im Kampf um Standorte und Arbeitsplätze sein.

 
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