Kommentar Niederelbe-Zeitung: |
September 2004 |
Packen wir es an! |
Ja, ich kann verstehen, dass viele Menschen in unserem Land
verunsichert sind. Jahrzehnte ist es stets aufwärts gegangen
oder zumindest haben wir so gelebt, als ginge es zuverlässig
immer aufwärts. Wir haben lange Zeit die Augen davor
verschlossen, dass irgendwann das Schuldenmachen ein Ende haben
muss, dass die Kosten der Wiedervereinigung an unseren Kräften
zehren, dass der internationale Wettbewerb immer härter wird
und die Konjunktur nicht automatisch immer rund läuft. Um
unser Sozialsystem – das vor allem Gewerkschafter und
Sozialdemokraten in langen Kämpfen erstritten haben -
wenigstens in seinen Grundfesten zu erhalten, sind Reformen am
System unerlässlich. Und die machen Angst: denn natürlich
kann es jedem von uns jederzeit passieren, dass er arbeitslos oder
krank wird – und dann? Die notwendigen Reformen sind für
uns alle hart, die wir Jahrzehnte lang in Sicherheit und ohne Not
gelebt haben, aber sie sind von der Regierungskoalition so
verträglich wie möglich gehalten worden und sie schicken
niemanden in unserem Land ins Elend! Nach wie vor tritt unsere
Gesellschaft für die zeitweilig oder längerfristig
Schwächeren in unserem Land ein und versucht, sie aufzufangen.
Das Leben wird sicher in dem einen oder anderen Fall härter,
aber nach wie vor geht es uns vergleichsweise gut.
Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit anpacken – die Kriegsgenerationen hatten weit Schlimmeres zu meistern – und darum kämpfen, dass wir mit unserem Land in eine Zukunft gehen, in der die Grundfesten unseres Sozialstaates erhalten bleiben. Lassen Sie sich nicht verunsichern und die Lust auf die Zukunft nehmen von denen, die vor kurzer Zeit noch lauthals diese Reformen eingefordert und im Bundesrat mitgetragen haben und sie nun boykottieren, sabotieren und schlecht reden. Es ist weder in der Sache hilfreich noch hilft es den einzelnen Menschen in unserem Land, dass die CDU/CSU in vielen Bereichen deutlich schärfere Gesetzesregelungen gefordert hat - und leider durch ihre starke Vertretung im Bundesrat vieles durchsetzen konnte – und nun uns allen einzureden versucht, die im Vergleich zu ihren Vorstellungen erzielten Kompromisse seien unzumutbar. Tatsächlich wollte und will die CDU/CSU noch viel drastischere Einschränkungen im Kündigungsschutz, Beschränkungen im Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit und weitere Verschärfungen bei der Arbeitslosenunterstützung: z. B. die Absenkung des Arbeitslosengeldes im ersten Bezugsmonat um 25 Prozent. Weitere Verschärfungen fordern und zugleich die weniger „scharfen“ Veränderungen als unzumutbar kritisieren - das verunsichert und Verunsicherung können wir nun gerade nicht gebrauchen. Stattdessen brauchen wir Mut und Einsatzwillen, mit den Problemen unserer Zeit umzugehen und sie zu meistern. Blicken wir doch vergleichend auch einmal in die Länder, denen es deutlich schlechter geht als uns: Auch sie stehen im weltweiten Wettbewerb. Packen wir es also gemeinsam an – je früher desto besser! |