Resistent gegen die gesetzliche Realität

IGEL: Bitte keine Schuldzuweisung an die Politik!

April 2008

Viele Kassenpatientinnen und Patienten ärgern sich offensichtlich häufig im Zusammenhang mit den sogenannten IGEL-Leistungen. Dieser wurde im aufschlussreichen Artikel „Arztpraxis ist kein Supermarkt“ vom 20. März bereits beschrieben.  Es war zu erwarten, dass auch die Seite der Angegriffenen die Gelegenheit ergreift, sich zu verteidigen. Zwei Augenärzte aus Stade erklären hierzu, dass es eine Frage einer verantwortungsbewussten Ausübung des Arztberufes sei, Patientinnen und Patienten auf die Chancen der Früherkennung bei zwei der häufigsten zur Blindheit führenden Augenerkrankungen hinzuweisen. Zur saloppen Schuldzuweisung an die Politik, sie ignoriere den Zusammenhang zwischen Früherkennung und Behandlungserfolg, stellt die Wahlkreisabgeordnete Dr. Margrit Wetzel klar:  „Die Entscheidung darüber, welche Leistungen im Einzelnen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden und welche nicht, liegt nicht beim Gesetzgeber.  Diese Frage, die nur mit einschlägiger Qualifikation und Sachkenntnis beantwortet werden kann,  ist dem Gremium zugeordnet, in dem die Mitglieder diese Voraussetzungen mitbringen: dem gemeinsamen Bundesausschuss – der Selbstverwaltung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems, in dem Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen, die Krankenkassen und - beratend – auch Patientenorganisationen vertreten sind.“  

Zu den gesetzlichen Bedingungen, die dieses Gremium bei der Entscheidung über Vorsorgeuntersuchungen zu berücksichtigen hat, gehören

  • die wirksame Behandlungsfähigkeit und

  • die medizinisch-technisch genügend eindeutige Erfassung der Anzeichen des Vor- und Frühstadiums einer Krankheit

  • sowie eine genügend hohe Zahl von Ärzten und Einrichtungen für die eingehende Diagnose und Behandlung der aufgefundenen Verdachtsfälle. 

  • Darüber hinaus muss die Maßnahme, wie alle Leistungen der Krankenkasse, die Anforderung der Wirtschaftlichkeit erfüllen.  

„Besonderen Wert lege ich auf die Unterscheidung zwischen Vorsorge- und  kurativen Untersuchungen“ betont Margrit Wetzel. „Sobald ein Klärungsbedarf aufgrund von Beschwerden oder eines Krankheitsverdachtes besteht, hat der Arzt keineswegs eine Wahl der Abrechnungsart und die Möglichkeit, dies über die lukrativere IGEL-Variante zu tun. In diesen Fällen gilt der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung! Es kann daher nicht sein, dass ein Patient mit der Empfehlung für diverse privat abzurechnender Leistungen empfangen wird, noch bevor ihm die Möglichkeit gegeben wurde, sein Anliegen und seine Beschwerden zu schildern. Schließlich könnte sich daraus der konkrete Untersuchungsbedarf ergeben. Ebenso unangemessen, unkollegial und möglicherweise unverantwortlich dürfte es sein, eine Überweisung des Hausarztes zu ignorieren und den Patienten zu einer IGEL-Leistung zu nötigen, bzw. ihm mit der Verweigerung der kassenärztlichen Abrechnung zu verstehen zu geben, dass die vom Hausarzt geforderte Untersuchung medizinisch nicht notwendig sei.“

Margrit Wetzel empfiehlt Patientinnen und Patienten, sich im konkreten Fall bei der Krankenkasse oder der Patientenbeauftragen Beratung zu holen. (tel. Bürgersprechstunde jeden zweiten Montag des Monats 9.00 bis 11.00 Uhr unter:  030-18-441-1912)

zurück zur Übersicht