Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kommt nach Stade   

Februar 2007
„Trotz unterschiedlicher Haltungen zum die Region bewegenden Thema ‚Elbvertiefung’ kommt Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee im März nach Stade“, teilt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Margrit Wetzel mit, die ihren Parteikollegen überzeugt hat, einen Besuch im Wahlkreis zu machen. Zur Politik und zur Demokratie gehört einfach, dass es auch innerhalb einer Partei oder Fraktion unterschiedliche Auffassungen oder Aufgaben gibt. Deshalb freut sie sich besonders, dass der Minister jetzt nach Stade kommen wird. 

Der „Mittelstandstag“ wird allerdings Schwerpunkt des Ministerbesuchs, der nicht nur für die Mobilität von Wirtschaft und Arbeitnehmern zuständig ist, sondern als Bauminister auch für Innovation und Fortschritt die Rahmenbedingungen setzt – so z. B. mit dem höchst erfolgreichen energetischen Gebäudesanierungsprogramm.

Wolfgang Tiefensee hat als zuständiger Fachminister auch die Ergebnisberichte der 5. Maritimen Konferenz in Hamburg abgenommen – in Stade kann er sich jetzt von der geplanten erfreulichen Entwicklung des Bützflether Hafens überzeugen.  

Selbstverständlich wird der Minister sich am Standort Stade über die Entwicklung bei Airbus informieren: wir hoffen, dass Innovation und technologischer Fortschritt mit dem Werkstoff CFK in Stade bis dahin ein sicheres Fundament über die anstehenden Konzernentscheidungen gefunden haben.

„Zur Elbvertiefung kennt der Minister – ebenso wie sein Vorgänger, Manfred Stolpe, der extra zu dem Thema nach Stade gekommen war - meine kritische Haltung und die Sachpunkte aus vielfältigen Briefen und persönlichen Gesprächen genau.
Wir müssen akzeptieren, dass ein Bundesverkehrsminister in erster Linie der Bedeutung der Hafenwirtschaft für Deutschland verpflichtet ist und das Planfeststellungsverfahren selbstverständlich einleiten muss.  Für die Ergebnisoffenheit des Verfahrens hat die untergeordnete Behörde, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zu sorgen.
Und wir“, so die überzeugt seit Jahren gegen eine weitere Elbvertiefung ständig kämpfende Wahlkreisabgeordnete Margrit Wetzel, „wir müssen immer wieder mit guten Gründen unsere sachlichen Kritikpunkte vortragen, die Planfeststellungsunterlagen kritisch prüfen und ggf. müssen Betroffene auch ihre Klagebereitschaft deutlich machen, um im Rahmen der Abwägung von Planung und Einwendungen entsprechend Gehör zu finden!“

Weil die Planfeststellungsunterlagen jetzt kurz vor der Auslegungsphase sind, hat die erklärte Elbvertiefungsgegnerin ihre bestehenden Kritikpunkte noch einmal kurz zusammengefasst.

Auflistung der Forderungen und Kritikpunkte bei der Elbvertiefung –

1. Wir fordern die Ergebnisoffenheit des Planfeststellungsverfahrens:
In tiefer Sorge um Schäden für unsere Region, die es abzuwenden gilt, appellieren wir an die politisch Verantwortlichen der Vorhabenträger, das Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung der Elbe ergebnisoffen durchzuführen und bei Nichterfüllung der unten aufgeführten Voraussetzungen abzuwenden. Wir appellieren deshalb auch an den Landtag, das Kabinett und den Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen, das für eine Elbvertiefung notwendige Einvernehmen nicht zu erteilen, wenn folgende Punkte nicht eindeutig geklärt, erfüllt, berücksichtigt sind:

2. Es gibt eine Alternative für die Mega-Carrier:
Der Jade-Weser-Port ist zügig fertig zu stellen, er wird der norddeutsche Umschlaghafen für die bestellten und die bereits in Fahrt befindlichen Mega-Containerschiffe, die Hamburg und Bremerhafen nicht anlaufen können und werden. Deshalb müssen die Hafen-Aktivitäten auf den Ausbau des Tiefwasserhafens konzentriert werden.

3. Die Deichsicherheit
Der Deichkörper, das Deckwerk, Schleusen- und Sieltore und andere Bauwerke müssen dem stärker werdenden Druck der Wassermassen, den Belastungen durch mehr Schiffsverkehr mit größeren Schiffen und dadurch mehr Sog und Schwell garantiert standhalten.
Kosten für die Beseitigung entstehender Schäden hat der Vorhabensträger zu übernehmen.
Von einer Beweislast ist die Region durch ein Begleitgesetz freizustellen.

4. Der Strom
Wir sind in Sorge, dass die geplante Verfüllung der Medemrinne nicht wirklich eine „aquatische Ausgleichsmaßnahme“ ist, sondern als Sandfang gegen den Sedimenttransport nach Hamburg (also wiederum dem Hamburger Interesse) dienen soll. De facto würde dadurch die Strömungsgeschwindigkeit im verbleibenden Bereich der Elbe höher werden, die Unterwassererosion am niedersächsischen Ufer würde stärker, der Prallhang würde noch stärker belastet, der Wattabtrag und mögliche Auskolkungen im Unterwasserbereich wären unvermeidbar.
Die Modelle, mit denen die Auswirkungen dieser Maßnahmen untersucht wurden, müssen der interessierten Öffentlichkeit in dieser Region zugänglich gemacht und vorgeführt werden.
Wir erwarten volle Garantie und Kostenübernahme für die Sicherung der Unterwasser- und der Wattflächen auf der niedersächsischen Elbseite.

5. Sicherheit für die betroffenen Menschen
Der Nutzen der Elbvertiefung für den Hamburger Hafen ist offenkundig. Die Folgeschäden gehen größtenteils zu Lasten der Menschen dieser Region. Sie müssen von irreparablen Folgen und von Kosten für die Beseitigung reparabler Schäden freigestellt werden.
Die Schiffbarkeit zu den Häfen an der niedersächsischen Elbseite muss gewährleistet sein, Kosten für die regelmäßige Beseitigung von Schlick- und Sedimentablagerungen in den Häfen müssen vom Vorhabenträger zukünftig zu mindestens 50 % übernommen werden.
Der Vorhabenträger muss ein Garantieinstrument schaffen, dass weder Grundwasser noch Oberflächenwasser, das von den Landwirten zur Beregnung eingesetzt wird, höhere Salzgehalte durch eine Verschiebung der Brackwasserzone aufweist.
Die Menschen, die hinter den Deichen leben, müssen sich gegen Sturmflutschäden versichern können. Der Risikoanteil einer solchen Versicherung muss vom Vorhabenträger übernommen werden.
Der Bund versorgt die Versicherungswirtschaft mit Geodaten über Deichlinien, er muss daher auch Einfluss darauf nehmen, dass damit eine neue Versicherungsmöglichkeit geschaffen wird, statt diese auszuschließen.

6. Das Land Niedersachsen sollte sich gegenüber dem Bund verbindlich absichern, dass die Mittel für die Hafenhinterlandanbindungen im Bereich Niedersachsens (Straße und Schiene) zeitnah und über die auf Niedersachsen entfallende Quote hinaus zur Verfügung gestellt werden, damit das Land nicht im Stau der zum Hamburger Hafen zu- und ablaufenden Container erstickt.

7. Die Umweltministerien von Bund und Land Niedersachsen müssen auf die Vorlage finanziell, zeitlich und räumlich differenzierter Pläne für die Ausgleichsmaßnahmen im Planfeststellungsbeschluss bestehen und im Rahmen einer fachlichen Bewertung der geplanten Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen sicherstellen, dass FFH- und WRRL eingehalten werden.

8. Wir gehen davon aus, dass die Umweltverbände bei Nichteinhaltung von FFH und WRRL ihr Verbandsklagerecht nutzen.

9. Unabhängige Navigationsfachleute müssten bestätigen, ob die Breite der geplanten tiefen Fahrrinne ausreicht, die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs auf der Elbe zukünftig zu gewährleisten –
a) für welche Schiffsgrößen, die bisher Hamburg nicht erreichen können,
b) bis zu welchen Terminals welche Schiffsgrößen fahren können sollen
    (CTA z. B. ist von „Emma Maersk“ aufgrund der Durchfahrthöhe der Kattwykbrücke
      nicht erreichbar)

10. Der Bund muss die Neutralität der Abwägungsbehörde dadurch gewährleisten, dass nicht nur eine formal-rechtliche Abwägung, sondern auch eine fachlich unabhängige Prüfung und Abwägung durch externe Gutachter erfolgt, die nicht an der Beweissicherung der letzten Fahrrinnenanpassung und nicht an der Erstellung der Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren beteiligt waren.
Außerdem muss eine verbindliche und belegbare Risikofolgenabschätzung vorgelegt werden.

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