"Energiekonsens vor dem Aus"

in der Aktuellen Stunde auf Antrag der CDU/CSU

24. Februar 2000 

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Frau Wöhrl, Sie haben gesagt, ein Konsens sei überhaupt nicht zu sehen. Ich habe bei Ihren Ausführungen wirklich gut zugehört, aber ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wovon sie geleitet waren, weil Sie uns keinen einzigen Grund für Ihre Behauptungen genannt haben. Ich muss also annehmen, dass es sich bei Ihnen um selektive Wahrnehmung und reines Wunschdenken handelte, "Wunschdenken" mag überhaupt zu dieser Aktuellen Stunde geführt haben.

Herr Gehb, mein Vorredner hat eben leider schon in Bezug auf andere Redner ein paar Mal den Wald bemüht. Ihr Beitrag ist mir wirklich wie das Brüllen im Wald vorgekommen, das die bösen Geister verscheuchen soll. Ich kann Ihren Beitrag nur so interpretieren, dass Sie Angst davor haben, dass eine Einigung näher rückt.

Es ist ein schwerer Weg angesichts der unterschiedlichen Positionen, die angeglichen und zur Übereinstimmung geführt werden müssen. Das dieser Prozess Zeit braucht, ist klar. Nur sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass unsere politischen Ziele von Anfang an bis heute unverrückbar waren: Wir wollen einen Umbau der Energieversorgung, wir wollen eine Neuordnung der Entsorgung und wir wollen die Chancen neuer Energietechnologien nutzen. Das alles wollen wir zusammen mit den Energieversorgungsunternehmen, den Kraftwerksbetreibern, erreichen.

Es handelt sich doch für die Kraftwerksbetreiber längst nicht mehr um eine energiepolitische Frage. Es geht eindeutig nur noch um die Regelung betriebswirtschaftlicher Fragen. Es geht um die Restnutzung des investierten Kapitals und den Aktionären geht es um eine anständige Gewinnmarge. Uns ist also völlig klar, dass wir es im Moment mit einem Pokerspiel zu tun haben.

Für die Restnutzung des investierten Kapitals wird es natürlich einen Vertrauensschutz geben. Das ist verfassungsrechtlich geboten. Gleichwohl sollten Sie nicht davon ablenken, dass gerade das neue Angebot des Bundeskanzlers an die Energieversorger jene Flexibilität bietet, die sie benötigen, um sich aktiv in den Gestaltungsprozess einbringen zu können. Die 30 Jahre Restlaufzeit, sind dabei in Strommengen umzurechnen. Bei dem Gestaltungsprozess wird es darum gehen, wie zukunftsfähige Energietechnologien später vernünftig genutzt werden sollen.

Die Kraftwerksbetreiber können ökonomische Fragen einbringen, sie können mit uns gemeinsam Standortkonzepte entwickeln und sie können langfristig auch etwas für die Arbeitsplätze tun. Dann geht es nicht mehr nur um die technische Lebensdauer einzelner Kraftwerke. An den Standorten der Kraftwerke, die kurz vor dem technischen Ende sind, wird das sehr wohl diskutiert. Dort werden auch den Energieversorgern Fragen nach der Zukunft der Standorte gestellt, die sie nicht mehr beantworten.

Deshalb ist es wichtig, sich in den Konsensgesprächen darauf zu besinnen, dass es auch um die Akzeptanz bei der Bevölkerung geht, die übrigens unsere politischen Ziele mit großer Mehrheit teilt. Wir befinden uns nämlich im Konsens mit der Bevölkerung. Das ist auch für die Kraftwerksbetreiber wichtig.

Solange es Arbeitsgruppen zwischen Regierung und Stromwirtschaft gibt, in denen überlegt wird, wie man Strommengen festlegen und auf die Kernkraftwerke verteilen kann, sind beide Seiten konsensfähig. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie daran infrage stellen wollen.

Ein letztes Wort noch zu den Instrumenten, weil Sie mehrfach gefragt haben, warum wir kein Ausstiegsgesetz vorlegen. Angesichts der grundsätzlichen Umorientierung in der Energiepolitik ist es doch wichtig, sich um eine Übereinstimmung mit den Energieversorgungsunternehmen zu bemühen, und zwar solange, wie es für unsere politischen Ziele nur irgendwie erträglich ist.

Ich halte es für ganz wichtig, dass die Regierung und die Koalitionsfraktionen diese Einigkeit erreichen. Wir werden jedenfalls nicht nachlassen, uns darum zu bemühen. Sie können noch so viel predigen, dass der Konsens vor dem Aus stehe: Er ist es nicht.

Es ist überhaupt keine Frage, dass der Ausstieg kommen wird. Die Kraftwerksbetreiber sind herzlich zu den Gesprächen eingeladen. Sie sollten die Chance nutzen, an einem neuen, zukunftsfähigen Energiekonzept mitzuarbeiten. Es geht darum, die Produktion von Energie, auch die von Prozessenergie, in Deutschland künftig zu sichern. Dies muss im Einvernehmen zwischen Regierung und Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern, also den Betreibern, erreicht werden.

Am Schluss dieser Aktuellen Stunde – jetzt ist sie tatsächlich zu Ende – kann ich der Regierung nur viel Erfolg auf dem Weg zum Konsens wünschen. Ich hoffe, dass er in möglichst naher Zukunft erreicht wird. Ich bedanke mich!

 

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