Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Luftfahrt-Standort Deutschland ist ein starker Partner im
europäischen Verbund der Luftfahrtindustrie und muss als
solcher gesichert werden. Darin sind wir gewiss über alle
Fraktionen einig.
Nur allzu gut ist uns der Tiefpunkt Mitte der Neunziger Jahre in
Erinnerung: Ich nenne nur das Stichwort "Dolores". Der Umsatz der
Branche, Anfang der 90' noch bei 14 Mrd. DM fiel um ca. 40 % auf
knapp 8 Mrd.. Die Zahl der Beschäftigten nahm um 30% ab, fast
30.000 Arbeitsplätze gingen verloren.
Dann folgte die neue Erfolgsstory der Luftfahrtindustrie: Nicht
zuletzt unterstützt durch die Luftfahrtforschungsprogramme
stieg der Umsatz bis 2001 wieder auf ca. 15 Mrd. DM, verdoppelte
sich also fast. 10.000 Menschen fanden neue, qualifizierte
Arbeitsplätze.
Deutsche Unternehmen sind wieder Top-Partner in der EU - und so
soll es auch bleiben!
U.d.h. für uns: Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit und die
Planungssicherheit für die Unternehmen unterstützen
wollen, dürfen wir die Industrie mit ihren hervorragenden
Eigenbeiträgen nicht allein lassen.
Natürlich kann die Industrie, wenn sie schwarze Zahlen
schreibt, auch richtig große eigene Anstrengungen auf den Weg
bringen. Und das tut sie auch! Wenn es aber darum geht,
Kernkompetenzen in Deutschland zu halten, Arbeitsplätze und
den Markterfolg der Unternehmen zu sichern, dann müssen wir
mindestens gleiche Unterstützung gewähren wie unsere
wichtigen Partner in Europa. England und Frankreich z.B.
fördern Forschung und Entwicklung ihrer Luftfahrtindustrie mit
namhaften Beträgen von 50 Mio Euro jährlich.
Wir haben inzwischen erreicht, dass auch die Bundesländer,
in denen die Unternehmen ansässig sind, sich an der
Unterstützung ebenso beteiligen wie der Bund und ebenso -
nicht zu vergessen - die wissenschaftlichen
Forschungseinrichtungen.
Deutschland ist inzwischen weltweit führend in der
Triebwerkstechnik.
Deutsche Unternehmen haben geradezu Quantensprünge
hinsichtlich der Lärmreduzierung erreicht. Jedes Flugzeug muss
landen. Diese einfache Wahrheit verpflichtet uns alle, die
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass immer leisere
Flugzeuge entwickelt, Start- und Landevorgänge
geräuschärmer werden; das gesamte Flughafenumfeld mit
seinen Lärmemissionen ist für immerwährende
Verbesserungen ein dankbares Forschungsfeld.
Mit Blick auf die langfristigen Wachstumsprognosen des Flugverkehrs
- für die produzierende Industrie natürlich eine Freude -
muss es uns aber gelingen, Verkehrswachstum und Umweltbelastung zu
entkoppeln. Der Luftraum muss so effektiv wie möglich genutzt
werden.
Und gleichzeitig wollen wir - gerade im Hinblick auf den 11.
September - mehr Sicherheit beim Flugverkehr, möglichst die
Verbesserung der Flugsicherheit zu einem mitentscheidenden
Förderkriterium erheben.
Alle Forschungen, die eine höhere Wirtschaftlichkeit, die mehr
Nutzerfreundlichkeit bewirken, verdienen unsere Unterstützung.
Der Treibstoffverbrauch kann noch weiter gesenkt werden, ebenso die
Schadstoffbelastungen, die Suche nach alternativen Treibstoffe kann
gar nicht intensiv genug betrieben werden.
Unsere Motivation, die Luftfahrtforschung weiter stetig und
angemessen zu fördern, kommt nicht zuletzt aus den Erfolgen
und Eigenanstrengungen unserer Industrie. Das gilt für den
Umweltschutz in der Produktion, für die Arbeitssicherheit, den
Gesundheitsschutz in den Unternehmen ebenso wie für die
Konstruktion oder neue Technologien für die Flugerprobung.
Wenn ich Ihnen einfach einmal einige Beispiele aus den
Airbus-Werken nennen darf:
Neue Technologien bei der Blechteilefertigung oder die Nutzung der
Umkehrosmose im Bremer Werk sparen Energie und entlasten von
Umweltschäden.
Oder nehmen wir die Hallenkonzeption für den Neubau des A 380
- ganz neue Dimensionen zeigen, dass Unternehmen flexibel genug
für langjährige Bauphasen planen können: Sie sind in
der Lage auch Optionen für absolut technische Neuerungen in
der Produktion offen zu lassen.
Das Hamburger Airbus-Werk hat übrigens vom Amt für
Arbeitsschutz eine Auszeichnung bekommen. Auch Arbeitsschutz
gehört heute unverzichtbar zum Fortschritt.
Ständige Fortbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter kostet
die Unternehmen nicht wirklich, wenn sie beweglich genug sind, die
Kreativität ihrer Mitarbeiter zu nutzen:
Energie-Einsparungsvorschläge eines Mitarbeiters haben bei
Presstechnik-Anlagen z.B. zu Einsparungen von 6% auf den
Gesamtverbrauch geführt. Das Laserstrahlschweißen hat
auch in der Luftfahrt Einzug gefunden - und führt zu
Materialeinsparung und Lärmreduzierung gleichzeitig.
Vergessen wir "Dolores", denken wir lieber an TANGO: bei der
Erforschung neuer Werkstoffe kooperieren 34 Partner aus ganz
Europa. Darunter diverse Airbuspartner, Universitäten und
Forschungseinrichtungen aus ganz Europa.
Wenn wir also von der Vernetzung von Spitzenforschungseinrichtungen
reden, die wir stabilisieren wollen - die Beispiele gibt es
bereits, wir müssen die Pflänzchen nur pflegen.
Der A 380 ist nicht das Ende der Fahnenstange - Konstrukteure
entwickeln auch ganz neue Flugzeugtypen, die völlig andere
ökologische und ökonomisch interessante Dimensionen ahnen
lassen. Und deshalb sind sich die Bundesregierung und die
Koalitionsfraktionen einig: Wir wollen das erfolgreiche
Luftfahrtforschungsprogramm fortsetzen. Die High Level Group, das
fachliche Beratungsgremium des Luft- und Raumfahrtkoordinators, hat
den Bedarf der Industrie auch mit Blick auf unsere
Nachbarländer auf ca. 50 Mio Euro beziffert. Unser Antrag
fordert im Rahmen der finanzpolitischen Leitlinien eine angemessene
jährliche Bundesförderung. Und die heutige Debatte soll
unseren Haushältern bei den schwierigen Verhandlungen
gegenüber anderen Interessen und Bedürfnissen den
Rücken stärken, damit sie entsprechende Haushaltstitel
bis zur Einbringung des Haushalts 2003 im September einwerben
können.
Gemeinsam machen wir unsere Haushälter stärker - deshalb
bitte ich auch die Oppositionsfraktionen um Ihre Zustimmung zu
unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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