Nationales Luftfahrtforschungsprogramm fortsetzen

06. Juni 2002

 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Luftfahrt-Standort Deutschland ist ein starker Partner im europäischen Verbund der Luftfahrtindustrie und muss als solcher gesichert werden. Darin sind wir gewiss über alle Fraktionen einig.
Nur allzu gut ist uns der Tiefpunkt Mitte der Neunziger Jahre in Erinnerung: Ich nenne nur das Stichwort "Dolores". Der Umsatz der Branche, Anfang der 90' noch bei 14 Mrd. DM fiel um ca. 40 % auf knapp 8 Mrd.. Die Zahl der Beschäftigten nahm um 30% ab, fast 30.000 Arbeitsplätze gingen verloren.
Dann folgte die neue Erfolgsstory der Luftfahrtindustrie: Nicht zuletzt unterstützt durch die Luftfahrtforschungsprogramme stieg der Umsatz bis 2001 wieder auf ca. 15 Mrd. DM, verdoppelte sich also fast. 10.000 Menschen fanden neue, qualifizierte Arbeitsplätze.

Deutsche Unternehmen sind wieder Top-Partner in der EU - und so soll es auch bleiben!
U.d.h. für uns: Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit und die Planungssicherheit für die Unternehmen unterstützen wollen, dürfen wir die Industrie mit ihren hervorragenden Eigenbeiträgen nicht allein lassen.
Natürlich kann die Industrie, wenn sie schwarze Zahlen schreibt, auch richtig große eigene Anstrengungen auf den Weg bringen. Und das tut sie auch! Wenn es aber darum geht, Kernkompetenzen in Deutschland zu halten, Arbeitsplätze und den Markterfolg der Unternehmen zu sichern, dann müssen wir mindestens gleiche Unterstützung gewähren wie unsere wichtigen Partner in Europa. England und Frankreich z.B. fördern Forschung und Entwicklung ihrer Luftfahrtindustrie mit namhaften Beträgen von 50 Mio Euro jährlich.

Wir haben inzwischen erreicht, dass auch die Bundesländer, in denen die Unternehmen ansässig sind, sich an der Unterstützung ebenso beteiligen wie der Bund und ebenso - nicht zu vergessen - die wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen.

Deutschland ist inzwischen weltweit führend in der Triebwerkstechnik.
Deutsche Unternehmen haben geradezu Quantensprünge hinsichtlich der Lärmreduzierung erreicht. Jedes Flugzeug muss landen. Diese einfache Wahrheit verpflichtet uns alle, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass immer leisere Flugzeuge entwickelt, Start- und Landevorgänge geräuschärmer werden; das gesamte Flughafenumfeld mit seinen Lärmemissionen ist für immerwährende Verbesserungen ein dankbares Forschungsfeld.
Mit Blick auf die langfristigen Wachstumsprognosen des Flugverkehrs - für die produzierende Industrie natürlich eine Freude - muss es uns aber gelingen, Verkehrswachstum und Umweltbelastung zu entkoppeln. Der Luftraum muss so effektiv wie möglich genutzt werden.
Und gleichzeitig wollen wir - gerade im Hinblick auf den 11. September - mehr Sicherheit beim Flugverkehr, möglichst die Verbesserung der Flugsicherheit zu einem mitentscheidenden Förderkriterium erheben.
Alle Forschungen, die eine höhere Wirtschaftlichkeit, die mehr Nutzerfreundlichkeit bewirken, verdienen unsere Unterstützung. Der Treibstoffverbrauch kann noch weiter gesenkt werden, ebenso die Schadstoffbelastungen, die Suche nach alternativen Treibstoffe kann gar nicht intensiv genug betrieben werden.

Unsere Motivation, die Luftfahrtforschung weiter stetig und angemessen zu fördern, kommt nicht zuletzt aus den Erfolgen und Eigenanstrengungen unserer Industrie. Das gilt für den Umweltschutz in der Produktion, für die Arbeitssicherheit, den Gesundheitsschutz in den Unternehmen ebenso wie für die Konstruktion oder neue Technologien für die Flugerprobung.
Wenn ich Ihnen einfach einmal einige Beispiele aus den Airbus-Werken nennen darf:
Neue Technologien bei der Blechteilefertigung oder die Nutzung der Umkehrosmose im Bremer Werk sparen Energie und entlasten von Umweltschäden.
Oder nehmen wir die Hallenkonzeption für den Neubau des A 380 - ganz neue Dimensionen zeigen, dass Unternehmen flexibel genug für langjährige Bauphasen planen können: Sie sind in der Lage auch Optionen für absolut technische Neuerungen in der Produktion offen zu lassen.
Das Hamburger Airbus-Werk hat übrigens vom Amt für Arbeitsschutz eine Auszeichnung bekommen. Auch Arbeitsschutz gehört heute unverzichtbar zum Fortschritt.
Ständige Fortbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter kostet die Unternehmen nicht wirklich, wenn sie beweglich genug sind, die Kreativität ihrer Mitarbeiter zu nutzen: Energie-Einsparungsvorschläge eines Mitarbeiters haben bei Presstechnik-Anlagen z.B. zu Einsparungen von 6% auf den Gesamtverbrauch geführt. Das Laserstrahlschweißen hat auch in der Luftfahrt Einzug gefunden - und führt zu Materialeinsparung und Lärmreduzierung gleichzeitig.
Vergessen wir "Dolores", denken wir lieber an TANGO: bei der Erforschung neuer Werkstoffe kooperieren 34 Partner aus ganz Europa. Darunter diverse Airbuspartner, Universitäten und Forschungseinrichtungen aus ganz Europa.
Wenn wir also von der Vernetzung von Spitzenforschungseinrichtungen reden, die wir stabilisieren wollen - die Beispiele gibt es bereits, wir müssen die Pflänzchen nur pflegen.
Der A 380 ist nicht das Ende der Fahnenstange - Konstrukteure entwickeln auch ganz neue Flugzeugtypen, die völlig andere ökologische und ökonomisch interessante Dimensionen ahnen lassen. Und deshalb sind sich die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen einig: Wir wollen das erfolgreiche Luftfahrtforschungsprogramm fortsetzen. Die High Level Group, das fachliche Beratungsgremium des Luft- und Raumfahrtkoordinators, hat den Bedarf der Industrie auch mit Blick auf unsere Nachbarländer auf ca. 50 Mio Euro beziffert. Unser Antrag fordert im Rahmen der finanzpolitischen Leitlinien eine angemessene jährliche Bundesförderung. Und die heutige Debatte soll unseren Haushältern bei den schwierigen Verhandlungen gegenüber anderen Interessen und Bedürfnissen den Rücken stärken, damit sie entsprechende Haushaltstitel bis zur Einbringung des Haushalts 2003 im September einwerben können.
Gemeinsam machen wir unsere Haushälter stärker - deshalb bitte ich auch die Oppositionsfraktionen um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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