Plenarrede zum Thema "Ostseeregion" |
9. Februar 2001 |
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir führen heute eine Debatte über die Ostseeregion. Ich denke, es ist wichtig zunächst einen Schwerpunkt bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu setzen. Handel und wirtschaftliche Entwicklung sind eine der wichtigsten Grundlagen auch für Frieden und Sicherheit, für soziale und kulturelle Achtung sowie für politische Stabilität. Deutschland ist für einige der Länder der wichtigste Handelspartner im Netzwerk der Ostseeanrainerländer. Damit sind wir auch Motor in den anderen uns verbindenden Sektoren; denn in Länder, mit denen wir handeln, reisen wir. Das fördert nicht nur den beidseitigen Tourismus mit seinen positiven wirtschaftlichen Begleiterscheinungen, sondern auch das Verstehen der vielfältigen Kulturen, der Sprachen, die sich rund um die Ostsee begegnen. Frieden und Sicherheit, kulturelle Beziehungen und soziale Entwicklung aber sind wesentliche Voraussetzungen für die Verfestigung der regionalen Identität, die wir gemeinsam als Wachstumsregion Ostsee entwickeln wollen. Es geht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU - ich darf in diesem Zusammenhang an die Einbringung Ihrer Großen Anfrage erinnern - , nicht um eine deutsche Strategie für die Ostseeregion, sondern darum, gemeinsam in guter Kooperation eine europäische Politik der aktiven Gestaltung des Nordens mit unseren Partnerländern voranzutreiben. Das ist es, wozu unsere Regierung den Vorsitz im Ostseerat aktiv nutzt; das ist es woran die nördlichen Bundesländer - Frau Simonis wird uns noch Beispiele dafür geben - in täglicher Praxis arbeiten! Wir wollen die Ostsee selbst als das pulsierende Herz der Region begreifen! Lebensader der Wirtschaft sind die Verkehrswege. Die Straßenverbindungen sind durch die großen Brückenbauwerke erheblich verbessert worden. Aber wir brauchen Straßen und vor allem die Schienenwege rund um die ganze Ostsee als ein leistungsfähiges Verkehrsnetz, das die Schnitt- und Umschlagstellen der Ostseehäfen verbindet und schnelle Anschlüsse der Verkehrswege ins Hinterland ermöglicht. Übrigens nicht nur das Hinterland, auch der Nord-Ostsee-Kanal verdient hier Erwähnung, ist er doch schließlich eine der Hauptschlagadern des Handels zwischen der Ostseeregion und Übersee. Die Ostsee hat nichts Trennendes mehr. Sie ist ein verbindendes Meer, das der ökologisch unbedenklichste und sicherste Verkehrsweg überhaupt ist. Für Handel und Tourismus quer über die Ostsee und an den Küsten sind und bleiben die Schiffe mit ihren vielfältigen Möglichkeiten des Massentransports, der Spezialtransporte, der High-Speed-Beförderung, der Fähren, aber auch der komfortablen Kreuzfahrt im touristischen Bereich unverzichtbar: Deshalb sind wir froh darüber, dass die Regierung erfolgreich beim Einsatz für mehr Schiffssicherheit war. Wir unterstützen sie energisch darin, die weitere Förderung des europäischen Schiffbaus voranzutreiben. Dies ist für die gesamten Ostseeanrainerländer wichtig! Es läuft schon so viel anderes: beispielsweise der Austausch von Studenten und die Kooperation von Forschungseinrichtungen als Teil der Wissensgesellschaft. Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation geht es um die internationale Kompatibilität von Geodaten und um die Erfassung hydrographischer Daten. Wir freuen uns über die Unterstützung der Institutionen der Wirtschaft beim Aufbau der kleinen und mittelständischen Wirtschaftsunternehmen in Osteuropa und Kaliningrad. Aber das reicht noch nicht: Die Unternehmen der verschiedensten Ostsee-Nationen können untereinander auch jungen Berufstätigen die Chance geben, für eine gewisse Zeit in den Nachbarländern zu arbeiten: Das erweitert den Horizont, fördert das Verständnis für verschiedene Kulturen, Arbeits- und Lebensweisen sowie für soziale Zusammenhänge und ist auch Inbegriff des "lebenslangen Lernens". An der Stelle fällt mir ein: Haben wir uns eigentlich schon einmal über gemeinsame Frauenförderung in der Ostseeregion unterhalten? Ich glaube, nicht wirklich! (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Darauf warten wir!) - Schön, dass Sie darauf warten. Herr Koppelin; das habe ich mir gedacht. Die Ostseeregion bietet Chancen über Chancen - wir sollten sie annehmen und täglich weiter ausbauen. Umweltschäden halten sich nicht an nationale Grenzen. Hier bestehen ebenfalls Chancen, sie zu bewältigen. Ich denke, die Ostseeregion ist das beste Beispiel für ein echtes gemeinsames Küstenzonenmanagement, - nicht so, wie es auf EU-Ebene diskutiert wird, sondern wirklich im Hinblick auf ein gemeinsames Verstehen und Begreifen der Zusammenhänge von Natur-, Umwelt-, Küsten- und Klimaschutz. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Die Nutzung gemeinsam vorangebrachter umweltschützender Technologien, die auch den in ihrer wirtschaftlichen und technischen Entwicklung hinterherhinkenden Ländern sofort zur Verfügung stehen müssen, kann den Begriff der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung zur Leitidee der großen europäischen Wachstumsregion Ostsee machen! Sozial, ökonomisch und ökologisch stark! (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deshalb danken wir - wenn ich das an dieser Stelle sagen darf - Franz Thönnes als dem unheimlich aktiven Vorsitzenden der Deutsch-Skandinavischen Parlamentariergruppe für seine Aktivitäten in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Walter Hirsche [F.D.P.]: Wieso eigentlich "unheimlich"?) Regierung und Koalitionsfraktionen sagen "Ja" zur Wachstumsregion Ostsee! Ich bedanke mich fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) |