Plenarrede zum Thema "Schiffbau " 

25. September 2003
Frau  Präsidentin / Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zweifellos macht die asiatische Konkurrenz der deutschen, der gesamten europäischen Schiffbauindustrie schwer zu schaffen. Mit anhaltenden Dumpingpreisen hält Korea bis jetzt bereits 55% der Schiffs-Neubauaufträge 2003. Finanzierungs- und Planungskosten gehen nach wie vor nicht in die Kalkulation koreanischer Werften ein. Trotz einer Staatsverschuldung von 40% des BIP interveniert die koreanische Notenbank am Devisenmarkt.

Japan bleibt offenbar unnachahmlich in der Stärkung der eigenen Industrie durch die inländische Wirtschaft. Es hält seine Stellung am Weltschiffbaumarkt zur Hälfte allein durch die intensive Inlandsnachfrage. Aktuell wurden auch dort Wechselkursmanipulationen festgestellt.

China agiert konkurrenzlos im Einfachschiffbau, ist inzwischen weltweit die Nr. 1 in der Schiffsfinanzierung und verdrängt europäische Banken mit Niedrigzinsen bei internationalen Großkrediten.

Riesige moderne Werften, billige Arbeitskräfte, verbesserte Infrastruktur, ständig steigende Produktivität und immer höhere Qualität der Produkte: das ist das Spektrum, gegenüber dem die deutschen Werften sich behaupten müssen.

Auch deutsche Schiffsfinanzierer sehen sich auf Erfolgskurs, sie erwarten für 2003 ein Rekordjahr. Steuervorteile, gute Renditen und die Klarheit bei der Tonnagesteuer locken Kapitalanleger; die Charterraten steigen deutlich, die Häfen verbuchen erkleckliche Umsatzzuwächse - der Bedarf an neuen Schiffen ist vorhanden. Würden bei uns - wie Japaner in Japan - die deutschen Reeder ihre Schiffe in Deutschland bestellen, so hätten wir statt magerer 1,8 % schon satte 25 % der diesjährigen Neubauaufträge erhalten. 90% der Neubauaufträge 2003 füllen die Auftragsbücher asiatischer Werften! Deutsche Eigner betreiben 24 % der Welthandelsflotte, sie placieren ihre Aufträge klar in Asien.

Um so schlimmer ist es, dass in deutschen wie in europäischen Werften immer wieder Leute entlassen werden müssen. Schiffbauliches Know how geht uns damit verloren und die betroffenen Arbeitnehmer sind arbeitslos an einem weltweit boomenden Markt! Das ist schon eine besondere Schizophrenie!

Aber: die Industrie jammert nicht, sie ist sich ihrer Stärken bewußt und blickt mutig nach vorn. Und dafür gebührt allen Beteiligten größter Respekt!

In wirklich hervorragender Zusammenarbeit, mit hohem Verantwortungsbewusstsein und großer Kompromissbereitschaft zwischen Industrie, Gewerkschaften, Betriebsräten und Behörden wird der notwendige Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich vorgenommen, ist oft mit Weiterqualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter verbunden, damit diese fit für andere Arbeitsverhältnisse sind.

Apropos "andere Arbeitsverhältnisse": Wir könnten noch etliche zukunftsfähige maritime Industriebereiche im Zusammenwirken von Politik und Unternehmergeist erschließen. Neben den vielfältigen nicht-schiffbaulichen maritimen Technologien, für die die Offshore-Technik nur ein Beispiel ist, scheinen mir auch die Pilotprojekte der Unterwasser-Kraftwerke in Norwegen und Großbritannien hoch interessant zu sein.

Der europäische Schiffbauverband CESA will mit dem Konzept Leader Ship 2015 die führende Rolle europäischer Werften für den komplexen Handelsschiffbau, für Spezialschiffe, Kreuzfahrtschiffe und Luxusjachten ausbauen. Dabei haben die technologische Kompetenz und das Beherrschen komplexester Systeme, das viele deutsche Werften mit unterschiedlichsten Fähigkeiten auszeichnet, eine faire Chance auf Marktführerschaft. Unsere Stärke ist die mittelständische Struktur, die Vielseitigkeit und der Mix der Werften, die hohe Qualität ihrer Produkte, die weltweit Standards setzt, wenn wir nur an die virtuelle Entwicklung und Fertigung denken, an die Doppelhülle, die Weltmarktführerschaft bei Produktentankern, deren Nachfrage aufgrund neuer Sicherheitsbestimmungen deutlich gestiegen ist.

Daneben verlangt das Konzept aber auch, wieder Fuß zu fassen beim Bau von Standardschiffen in Serienfertigung: Nur damit können die Beschäftigungseffekte deutlich erhöht werden. Potentielle Auftraggeber sind reichlich vorhanden, neben den Großcontainerschiffen, die wir Korea kaum mehr abnehmen können, müssen zahlreiche Feederschiffe gebaut werden. Ein Feederschiff trägt heute durchaus schon bis zu 4000 TEU - ein lohnendes Geschäft, wenn wir es denn einwerben können.

Diese Initiative findet unsere volle Unterstützung. Aber das reicht nicht:

Die Placierung der Aufträge in Europa folgt deutlich dem Beihilferegime, der Nothilfe gegenüber dem asiatischen Dumping.

Das Schiffbau-Rekordjahr 2000 hat die Auslastung der Werften bis jetzt einigermaßen gesichert. Die Fortsetzung der Beihilfen ist befristet, zunächst bis März 2004, weil man bis dahin das Ergebnis der WTO-Klage erwartet hatte. Um Aufträge tatsächlich akquirieren zu können, die den Werften immerhin noch bis ins Jahr 2007 hinein Auslastung bringen könnten, müssen die 6% Schiffbaubeihilfen aber auch gewährt werden. Wer den Markt beobachtet, weiß dass die Nachfrage gerade jetzt boomt, dass die Aufträge in den kommenden Monaten placiert werden: Ich appelliere in aller Deutlichkeit und mit großem Nachdruck an unsere Haushaltspolitiker, den deutschen Werften die notwendige Unterstützung nicht zu versagen und zu überprüfen, ob die im Haushalt vorgesehenen Mittel ausreichen, die anstehenden Aufträge zu bedienen. Wenn unsere Werften jetzt nicht zugreifen können, gehen die Aufträge nach Asien oder an die europäischen Wettbewerber!

Wir müssen deshalb auch dafür sorgen, dass die Schutzmaßnahmen gegen Preisdumping bis zum Ende des WTO-Streitbeilegungsverfahrens gegen Südkorea beibehalten werden und auch keiner "Subventionsabbaukommission" zum Opfer fallen. Die Schiffbaubeihilfen sind keine Subventionen, sondern befristete Schutzmaßnahmen und Nothilfe zum Überleben asiatischer Kampfpreise.

Mit der Einberufung regelmäßiger nationaler maritimer Konferenzen, dem Maritimen Bündnis und der Einsetzung eines Maritimen Koordinators hat der Bundeskanzler wichtige Inititalzündungen gegeben für einen neuen Dialog zwischen Unternehmen, Gewerkschaften, Politik und Wissenschaft, der auf breiter Basis ergebnisorientiert arbeitet und die maritime Politik der Bundesregierung prägt.

Viele Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen dienen der Schifffahrt und auch damit dem maritimen Standort Deutschland. Forschung, Entwicklung und der Ausbau der nicht-schiffbaulichen maritimen Technologien werden unterstützt. Die maritime Wirtschaft steht in engen Wechselbeziehungen, die sich gegenseitig stützen und stärken. Deshalb sind die Maritimen Konferenzen auch weit mehr als die Summe ihrer Einzelentscheidungen!

Vergessen wir auch nicht, dass etwa ein Viertel der deutschen Schiffbauproduktion im Bereich der Marinewerften entsteht. Zu den Bemühungen um einen Marinewerftenverbund, der eine starke Stellung in der europäischen Marinewerftenstruktur hat, wird mein Kollege Johannes Kahrs noch Ausführungen machen.

Neu ist das 60 Mio. €-Programm für die produktnahe Innovation, die den speziellen Bedürfnissen des Schiffbaus besser Rechnung trägt. Es ist auf die gesamte Wertschöpfungskette "Schiff" bezogen und soll zugleich die Strukturverbesserungen bei den Werften unterstützen.

Wir haben Haushaltsmittel eingestellt für die neue OECD-Exportkreditvereinbarung CIRR, die Unterstützung langfristiger Bankkredite zu günstigen Festsatz-Zinsen. Daraus resultierende Verluste dürfen mit staatlichen Mitteln ausgeglichen werden. Die Bundesregierung hat mit Nachdruck erfolgreich darauf hingewirkt, dass hemmende bürokratische Vorschriften der EU - wie die Einzelnotifizierung bei FuE-Projekten - abgebaut werden.

Vereinbarungen über die Zulässigkeit von Landesbürgschaften für die Schiffbaukredite - für die Werften unverzichtbar - sind unmittelbar vor dem Abschluss. Das sind sichtbare, schöne politische Erfolge, die unseren Werften ganz konkret nützen - die aus diesem engen Miteinander des stetigen Dialogs entwickelt wurden: Darauf dürfen wir stolz sein! Dafür dürfen wir auch "danke" sagen!

Wir halten nichts davon, die Anteile der Kofinanzierung der Länder noch zu verändern: Wir alle wissen, dass es sich um auslaufende Stützungsmaßnahmen handelt, die mit der Streitbeilegung vor der WTO oder dem Abschluss des OECD-Abkommens, der für Ende 2005 erwartet wird, endgültig auslaufen dürften. Wenn das Preisdumping ein Ende hat und Sanktionen gegen Verstöße möglich sind, haben unsere starken deutschen Werften auch wieder echte Chancen, Flaggschiffe in und für Europa zu sein und zu bauen. Glück auf dabei!

 

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