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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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Rede im Deutschen Bundestag am 1. März 2007

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der CDU/CSU und SPD„Den positiven Beitrag des Tourismus zum Wirtschaftswachstum festigen“

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

das Jahr 2006 war ein herausragendes Jahr für den Tourismus in Deutschland. Hierzu einige Zahlen: Im Beherbergungsgewerbe wurden mehr als 351 Millionen Übernachtungen gezählt, eine ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Gästeübernachtungen stieg damit zum dritten Mal in Folge. Die Übernachtungen der inländischen Gäste haben gegenüber 2005 um 2,5 Millionen zugenommen und die der ausländischen Gäste sogar um 4,7 Millionen. Dies ist ein Zuwachs um zehn Prozent. Besonders erfreulich ist, dass auch das Hotel- und Gaststättengewerbe wieder Umsatz- und Beschäftigungszuwächse verbuchen kann.

Weltweit gilt der Tourismus als Leitökonomie der Zukunft. Kaum eine andere Branche ist auf so enge und vielfältige Art und Weise mit gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Zusammenhängen verknüpft wie die Tourismusbranche. Durch die fortlaufende Veränderung der Rahmenbedingungen ist sie von einer umfassenden Dynamik geprägt.

Die Leistungserbringer im Tourismus müssen sich rechtzeitig auf Veränderungen einstellen. Nur so wird man sich gegenüber der internationalen Konkurrenz behaupten können. Die Zukunftsfähigkeit der Tourismusbranche hängt entscheidend davon ab, bedeutsame Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Zu den Zukunftstrends, die sich im Tourismus abzeichnen, zählt der demographische Wandel.

Angesichts der älter werdenden Gesellschaft wird barrierefreies Reisen noch mehr in den Vordergrund rücken. Aber auch immer mehr Menschen mit Behinderungen wollen reisen. Die Barrierefreiheit muss zum Komfortmerkmal werden. Eine barrierefreie Umgebung kommt uns allen zugute: Müttern mit Kinderwagen, Reisenden mit Gepäck oder älteren Menschen, die nicht gut sehen oder hören können. Es erscheint mir daher angemessen den Begriff barrierefreies Reisen durch den Begriff Komfortreisen zu ersetzen..

Wir Tourismuspolitikerinnen und -politiker haben uns diesem Thema auch anlässlich des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen im Jahr 2003 angenommen. Mit Hilfe der in Auftrag gegebenen Studie „Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für alle“ wurden erstmals verlässliche Daten erhoben.

So konnte aufgezeigt werden, dass hier erhebliche Potentiale für die Reisenden und auch für die Tourismuswirtschaft liegen. Komfortreisen sind mit einem jährlichen Nettoumsatz in Höhe von ca. 2,5 Milliarden Euro am Volkseinkommen beteiligt. Dies entspricht mindestens 65.000 Vollarbeitszeitplätzen. Wenn es gelingt, mehr Akzeptanz und bessere Voraussetzungen für die Bedürfnisse der Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zu schaffen, könnten sich weitere volkswirtschaftliche Impulse von bis zu 5 Milliarden Euro bei 90.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen ergeben, so ein Fazit der Studie.

Hier ist auch und unser Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hilfreich, denn es ist gelungen auch das Merkmal der Behinderung mit in das Zivilrecht zu übernehmen. Investitionen in den barrierefreien Tourismus lohnen sich. Dies kann anlässlich des „Europäischen Jahres der Chancengleichheit für alle“ gar nicht genug betont werden.

Lassen Sie mich zum Abschluss zu einem Thema kommen, das mir sehr am Herzen liegt: der Jugendarbeitsschutz.

Das Ausbildungsplatzangebot im Hotel- und Gaststättengewerbe ist in den letzten Jahren deutlich vergrößert worden. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Ausbildungsplätze sogar verdoppelt. Und dies obwohl die Beschäftigtenzahlen deutlich zurückgegangen sind. Weniger beeindruckend ist die Übernahme von Auszubildenden. Die Quote ist in keiner Branche geringer. Warum also, Herr Hinsken, sollte das Jugendarbeitsschutzgesetz ein Ausbildungsplatzhindernis sein soll?

Wir halten am Jugendarbeitsschutz fest und bekräftigen dies auch gerne alle zwei Jahre im Parlament. Mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz sollen vor allem junge, noch in der Entwicklung stehende Menschen bei der Arbeit besonders geschützt werden, damit ihre Gesundheit nicht gefährdet wird und ihre Entwicklung ungestört verlaufen kann. Eine ausreichende Nachtruhe ist für Jugendliche von hoher Bedeutung. Jugendliche dürfen deshalb grundsätzlich in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden. Von diesem Grundsatz wurde für Jugendliche im Hotel- und Gaststättengewerbe bereits abgewichen. Sie dürfen bis 22.00 Uhr arbeiten. Ausnahmen bis 23:00 Uhr sind bereits möglich, wenn der Ausbildungsbetrieb im Schichtbetrieb organisiert ist.

Es muss vor allem berücksichtigt werden, dass Jugendliche regelmäßig nach Beendigung des Arbeitstages um 23.00 Uhr im Normalfall den Nachhauseweg antreten und im ländlichen Bereich öffentliche Verkehrsmittel vielfach nicht zur Verfügung stehen. Auch wenn sich das Ausgehverhalten Jugendlicher heute geändert hat, hat es keinen Einfluss auf die besondere Schutzbedürftigkeit Jugendlicher im Erwerbsleben.