Vorbereitungen zur Volkszählung 2011
Die Pläne der Bundesregierung, 2011 erstmals einen registergestützten Zensus durchzuführen, stoßen bei Experten auf Zustimmung. Dies wurde bei einer Anhörung des Innenausschusses zu einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/5525) am Montag, dem 17. September 2007, deutlich.
Dabei soll die Volkszählung erstmals nicht mehr im Wege einer Befragung, sondern "registergestützt" stattfinden. Dafür sollen Melde- und andere Verwaltungsregister ausgewertet und Befragungen nur noch ergänzend durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist ein Anschriften- und Gebäuderegister, für dessen Aufbau es bislang noch keine gesetzliche Grundlage gibt.
Sabine Bechtold vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden unterstrich, neue Daten seien notwendig, da die aktuellen Bevölkerungszahlen auf einer Volkszählung 1987 in den alten Bundesländern und der Auszählung der DDR-Register von 1990 basierten. "Wenn die Daten über eine so lange Zeit fortgeschrieben werden, ist es klar, dass sich Fehler einschleichen." Da mehr als 50 Gesetze auf den Bevölkerungszahlen basierten - so etwa Regelungen zum Finanzausgleich, zur Festlegung der Wahlkreise oder der Bundesratssitze - müsse man nun dringend "zuverlässige Bevölkerungs- und Strukturdaten" erheben.
Dem schloss sich Thomas Schwarz, Leiter des Statistischen Amtes der Landeshauptstadt Stuttgart, an. Gerade die Städte und Gemeinden seien in ihrer praktischen Arbeit auf verlässliche Daten "bis zur Ebene von Straße und Hausnummer" angewiesen, gerade wenn es um Stadtplanung ginge. Schwarz plädierte dafür, zusätzlich zu den geplanten Daten - unter anderem Staatsangehörigkeit, Familienstand, Anschrift, Geschlecht und Geburtsort - weitere zu erheben. Von Interesse seien etwa auch Angaben zum höchsten Bildungsabschluss und zum Bruttoeinkommen.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, erklärte, aus seiner Sicht bestünden gegen die derzeit zur Erhebung vorgesehen Daten keine verfassungsrechtlichen Einwände. Dabei werde nicht unverhältnismäßig in die informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Man müsse allerdings bei der Verwendung georeferentieller Daten (für den Zensus 2011 sollen erstmals Gebäudekoordinaten erhoben werden) darauf achten, dass diese "nicht adressscharf gestaltet" und keinesfalls zusammengefasst werden.
Sabine Bechtold und der Präsident des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt, Manfred Scherschinski, mahnten die Abgeordneten zur Eile: Man sei bereits im zeitlichen Verzug. Spätestens ab 2008 müssten die Daten von den Melderegistern an die Statistischen Landesämter "fließen", dafür benötige man eine gesetzliche Grundlage. "Wir müssen jetzt mit der Arbeit anfangen", so Scherschinsiki.
Liste der Sachverständigen:
- Dr. Sabine Bechtold, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
- Prof. Dr. Hans Wolfgang Brachinger, Universität Fribourg, Schweiz
- Helmut Eppmann, Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
- Karsten Neumann, Landesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit, Schwerin
- Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Bonn
- Manfred Scherschinski, Präsident des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt, Halle
- Thomas Schwarz, Leiter des Statistischen Amtes der Landeshauptstadt Stuttgart, Stuttgart
- Prof. Dr. Gert G. Wagner, Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, Berlin