Vor 60 Jahren: Der Parlamentarische Rat nimmt seine Arbeit auf
1948 hatte mit der Blockade Westberlins durch die Sowjetunion der Kalte Krieg begonnen. Die drei Westalliierten einigten sich darauf, zumindest in ihren Gebieten eine einheitliche staatliche und wirtschaftliche Ordnung anzustreben. Am 1. Juli 1948 ermächtigten sie die elf Ministerpräsidenten der westdeutschen Besatzungszonen, innerhalb von zwei Monaten eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Die Versammlung sollte nach dem Willen der Alliierten eine demokratische Verfassung für einen föderalistischen Staat ausarbeiten.
Angst vor faktischer Trennung
Der Auftrag löste viele Diskussionen aus. Denn durch die Verfassung würde faktisch ein westdeutscher Teilstaat geschaffen, die Trennung Deutschlands verfestigt. Dies war nicht im Sinne der beteiligten Ministerpräsidenten. Sie beriefen daher am 1. September 1948 keine Verfassunggebende Versammlung ein, sondern einen Parlamentarischen Rat. Der Rat sollte keine Verfassung ausarbeiten, sondern ein Grundgesetz, das nur bis zur Wiedervereinigung Deutschlands gelten sollte. 61 Männer und vier Frauen von SPD, CDU/CSU, Deutsche Partei, Zentrum und KPD sowie fünf nicht stimmberechtigte Abgeordnete aus Berlin begannen in der Pädagogischen Akademie in Bonn mit der Arbeit. Der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) wurde zum Präsidenten der Versammlung gewählt.
Kein zweites Weimar
Allen Beteiligten war klar, dass nun die Chance gekommen war, aus den Fehlern zu lernen, die während der Weimarer Republik zum Scheitern der demokratischen Grundordnung geführt hatten. Die Macht des Präsidenten sollte diesmal beschnitten, die des Kanzlers gestärkt werden. Die Eingriffe der Alliierten in den Entscheidungsprozess sorgten immer wieder für Streit unter den Abgeordneten. Alles musste mit den Militärgouverneuren und den Regierungen der drei Westmächte abgestimmt werden. Darüber hinaus stellte sich die Frage, wie die Macht zwischen Bund und Ländern aufgeteilt werden sollte. Die Verteilung der Staatsfinanzen sorgte für lange Diskussionen. Die Finanzverfassung und die Frage des Länderausgleichs standen dabei im Zentrum der Auseinandersetzungen. Vor allem aber wurde über die Frage gestritten, wie viel Staat überhaupt geschaffen werden darf, ohne die Teilung des Landes zu forcieren.
Ein starker Bürger und ein starkes Parlament
Am 8. Mai 1949 - dem 4. Jahrestag der Kapitulation Deutschlands - wurde das Grundgesetz mit 53 gegen zwölf Stimmen angenommen. Es war gekennzeichnet von einem umfangreichen Grundrechtekatalog, einem starken Parlament und einer föderativen Gliederung in Bund und Länder. Eine unabhängige Rechtsprechung und eine Gewaltenteilung wurden ebenfalls festgelegt. Außerdem wurden die Rollen des Bundestages, des Bundesrates, der Bundesregierung, des Verfassungsgerichtes sowie speziell die Aufgaben von Bundeskanzler und -präsident definiert. Als Regierungssitz wurde Bonn gewählt.
Die Länder stimmten zu
Das Grundgesetz trat erst in Kraft, nachdem ihm die elf Länderparlamente zugestimmt hatten. Einzig Bayern lehnte zwar den Text ab, weil seiner Meinung nach den Ländern nicht genug Rechte eingeräumt wurden. Es erklärte sich aber bereit, das Gesetz anzuerkennen, sofern zwei Drittel der anderen Parlamente unterzeichneten. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz in der Schlusssitzung des Parlamentarischen Rates feierlich verkündet.
Feierstunde zum Jubiläum
Am 6. September 2008 findet im Museum Alexander Koenig in Bonn eine Feierstunde des Deutschen Bundestages anlässlich des 60. Jahrestages der Konstituierung des Parlamentarischen Rates statt. Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert und der sowie der Publizist Dr. Alfred Grosser halten Ansprachen. Im Anschluss diskutiert der Präsident des Bundesverfassungsgericht Dr. Hans-Jürgen Papier mit den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Dr. Ernst Benda und Dr. Jutta Limbach, und dem ehemaligen Vizepräsidenten des Gerichtes, D. Ernst Gottfried Mahrenholz, in einer Podiumsdiskussion über den „Parlamentarischen Rat und die Verfassungsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland bis heute“. Die Diskussion leitet der Publizist Robert Leicht. Das Schlusswort spricht der Vizepräsident des Bundesrates, Peter Müller.