Opposition bestreitet Schavans Trendwende
Für Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) belegt der Berufsbildungsbericht 2009 „ermutigende Fortschritte“: Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen habe sich zwischen 2005 und 2008 mehr als halbiert, die der unvermittelten Bewerber sei zudem um 64,5 Prozent zurückgegangen, sagte Schavan in der Debatte über den von ihr vorgelegten Bericht am Donnerstag, dem 23. April 2009.
Diese positive Bilanz beruhe auch auf den Bemühungen von Bund,
Ländern und Unternehmen im Ausbildungspakt, so die Ministerin.
Die Opposition jedoch übte heftige Kritik: Von einer
Trendwende zu sprechen sei falsch, nur der Geburtenrückgang
habe die Regierungsstatistik gerettet. Sie forderte eine
Umstrukturierung der Berufsbildung und die Umsetzung eines Rechts
auf Ausbildung.
„Jugendliche haben heute mehr Chancen auf dem
Ausbildungsmarkt als noch vor wenigen Jahren“, sagte
Bundesbildungsministerin Annette Schavan zu Beginn der Debatte und
verwies auf die Ergebnisse des von ihr Anfang April vorgelegten
Berufsbildungsberichts 2009 (
16/12640).
„Erfolge sichern, Fachkräftemangel durch mehr Ausbildung
vorbeugen“
700.000 Jugendliche seien 2005 arbeitslos gewesen. 2008 jedoch nur noch 340.000. „Das sind natürlich 340.000 zu viel“, gab Schavan zu. Dennoch stelle die Halbierung der Anzahl in nur drei Jahren einen großen Fortschritt dar. Auch die Zahl der unvermittelten Bewerber sei im selben Zeitraum um 64,5 Prozent gesunken, während sich die Zahl der Ausbildungsplätze um 12 Prozent gesteigert habe.
Diese Erfolge müsse man nun sichern und alle
„Instrumente einsetzen“, die der Politik zur
Verfügung stehen, sagte Schavan und mahnte: „Das gelingt
uns nur, wenn wir jetzt am Ball bleiben.“ In einer
Sondersitzung im Juni wolle sie zusammen mit
Bundeswirtschaftsminister und Bundesarbeitsminister weitere
Initiativen zur „Erhöhung der
Ausbildungsplatzkapazität“ erörtern.
Schavan appellierte zudem an die Unternehmen, auch in Zeiten der
Krise auszubilden. Dies sei Voraussetzung dafür, dass
später der Fachkräftemangel nicht zu einer erneuten
Wachstumsbremse werde.
„Wirtschaftskrise darf nicht zu einer Ausbildungskrise
werden“
Patrick Meinhardt (FDP) sagte, aus den Ergebnissen des Bundesbildungsberichts könne man keineswegs eine „Trendwende“ ablesen. „Das ist nicht die Realität“, so der bildungspolitische Sprecher der Liberalen. Nur der Geburtenrückgang habe die Statistik gerettet. Tatsächlich bedürfe es „riesiger Anstrengungen, damit die Wirtschaftskrise zu keiner Ausbildungskrise“ werde, so Meinhardt. Die Regierung dürfe nicht „ausblenden“, dass viele Jugendliche bislang in Übergangsmaßnahmen „geparkt“ würden.
Der Abgeordnete forderte einen „Handlungspakt für
Ausbildung“: „Wir brauchen ein überbetriebliches
Ausbildungsmanagement und eine Exzellenzinitiative für
Berufsbildung“, so Meinhardt. Außerdem müsse
sichergestellt werden, dass Jugendliche ihre Lehre fortsetzen
könnten, auch wenn der Betrieb Insolvenz anmelden müsse.
Im Parlament gebe es eine „breite Mehrheit“ für
Ausbildungssicherheit, sagte er an Bundesbildungsministerin Schavan
gewandt: „Nutzen Sie die!“
Regierungsinitiativen zeigen positive Ergebnisse
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) verwies dagegen auf die Programme, die von der Bundesregierung bereits geschaffen wurden, um die Situation auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern. Es sei notwendig gewesen, insbesondere die Jugendlichen zu fördern, die es schwer hätten, eine Lehrstelle zu finden.
„Gerade im Bereich der Einstiegsqualifizierung haben wir mit
unterschiedlichen Modellen sehr gute Erfahrungen gemacht“,
lobte Scholz. Viele schwer vermittelbare Jugendliche hätten
nach einem Praktikum den Einstieg in eine Ausbildung geschafft.
Auch der Ausbildungsbonus entfalte bereits nach einen halben Jahr
seine Wirkung
Als „Staatsversagen“ bezeichnete Scholz hingegen die
hohe Quote von Schulabgängern ohne Abschluss. Da ein
Zusammenhang zwischen mangelnder Schuldbildung und Arbeitslosigkeit
bestehe, müsse hier mehr getan werden. „Wir haben in den
nächsten Jahren die Chance, Massenarbeitslosigkeit zu
verabschieden“, sagte Scholz.
Der demografische Wandel werde schon bald sogar dazu führen,
dass nicht jeder Ausbildungsplatz besetzt werden könne. Man
habe es nun in der Hand dafür zu sorgen, dass diese Situation
nicht in einen massiven Fachkräftemangel münde.
„Ausbildungspakt ist ein grandioser
Misserfolg“
Cornelia Hirsch kritisierte die Bundesregierung dagegen scharf: „Sie sprechen von ermutigenden Fortschritten, dabei sehen Sie zu, wie die Wirtschaftskrise den Jungen auf die Füße fällt“, sagte die Abgeordnete der Linksfraktion.
Tatsächlich verschleierten die Zahlen des
Bundesbildungsberichts die reale Situation auf dem
Ausbildungsmarkt: 250.000 Jugendliche tauchten in der Statistik gar
nicht auf, weil sie sich in Berufsvorbereitungsmaßnahmen
befänden oder gar nicht mehr bei der Arbeitsagentur gemeldet
seien, weil sie zu „jobben“ begonnen hätten
Auch der Ausbildungspakt entpuppe sich als ein „grandioser
Misserfolg“. Der Zahl der Ausbildungsverträge sei um 2,1
Prozent gesunken. „Wir brauchen eine verbindliche
Ausbildungsplatzumlage“, verlangte Hirsch.
„Berufsbildungssystem grundsätzlich
umstrukturieren“
Dass es nicht funktioniere, zeige die derzeitige Situation
deutlich: „Selbst in einem konjunkturell guten Jahr waren
10.000 Jugendliche fehl- oder unterversorgt“, kritisierte
Hinz. Auch die Zahl der Altbewerber sei de facto gestiegen. Das sei
eine „Trendwende zum Schlechten“, so die
Grünen-Politikerin. Abhilfe könne nur eine wirkliche
Reform der Berufsbildung bringen, die auf Ausbildungsbausteinen
fuße und auch die überbetriebliche Ausbildung
stärke.