Experten sehen Änderungsbedarf beim Biopatentrecht
Eine Änderung der EU-Biopatentrichtlinie mit dem Ziel, eine Patentierung von Pflanzen und Tieren zu verhindern, wird von Experten begrüßt. Das wurde bei einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Montag, dem 11. Mai 2009, deutlich. Grundlage des Hearings war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der eine Verbesserung der europäischen Biopatentrichtlinie fordert.
Sowohl Inken Lampe vom Deutschen Bauernverband
(DBV) als auch Bettina Locklair vom Kommissariat
der Deutschen Bischöfe lehnten Patente auf Pflanzen und Tiere
entschieden ab. Dr. Andreas Popp vom Chemiekonzern
BASF hingegen bezeichnete eine Überarbeitung der Richtlinie
als „nicht erforderlich“. Ein fehlender Patentschutz
führe zu sinkenden Anreizen, in die Biotechnologie zu
investieren.
"Weitreichende Patentierung genetischen Materials
möglich"
Die unklaren Formulierungen der 1998 verabschiedeten EU-Biopatentrichtlinie machten die „weitreichende Patentierung“ von genetischem Material und Züchtungsverfahren möglich, kritisierte Inken Lampe. Aus Sicht der Landwirtschaft sei es problematisch, dass das Patentrecht dem Inhaber ein „Ausschließlichkeitsrecht“ gewähre. „Es darf kein Monopol auf genetische Ressourcen geben“, forderte sie. Dazu müsse nicht nur die Patentierung von Pflanzen und Tieren verboten werden, sondern mit einer Änderung der Richtlinie auch verhindert werden, dass „Tiere und Pflanzen als Ergebnis eines patentierten Verfahrens unter Patentschutz fallen“.
Auch Prof. Dr. Fritz Dolder von der
Universität Basel kritisierte, dass derzeit Patentverbote
umgangen werden können. Das geschehe, indem statt eines
nichtpatentierbaren Gesamtverfahrens technische Teile der
Verfahrensschritte patentiert werden, die ausreichen würden,
um das ganze Verfahren zu beherrschen und zu monopolisieren. Daher
dürfe man Patentansprüche „nicht isoliert
betrachten“, forderte Dolder.
"Gefahr für die Biodiversität"
Aus Sicht des Kommissariats der Deutschen Bischöfe widersprechen Patente auf Pflanzen und Tiere „dem im Schöpfungsglauben verankerten Eigenwert der Tiere und Pflanzen“ und müssten daher abgelehnt werden. Eine Folge der Patentierung sei zudem die Konzentration der Saatgutindustrie auf wenige Hochertragssorten, was in der Folge eine Gefahr für die Biodiversität darstelle, sagte die Vertreterin des Kommissariats, Bettina Locklair.
Den missbräuchlichen Gebrauch von Patenten zur
Wettbewerbsverhinderung kritisierte Dr. Christoph
Then von Scouting Biotechnology, einem Netzwerk
für Beratung und Projektbegleitung im Bereich Biotechnologie.
Dies habe nichts mehr mit dem Schutz von Innovationen zu
tun. Then verwies darauf, dass der Anteil der
Patentanträge, die den Bereich der konventionellen
Züchtung betreffen, auf 25 Prozent gestiegen sei. Vor
fünf Jahren habe der Anteil noch bei fünf Prozent
gelegen.
"Zeitlich begrenztes Nutzungsrecht"
Vor negativen Auswirkungen auf den Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandort Deutschland im Falle eines fehlenden Patentschutzes in der Biotechnologie warnte indes der BASF-Vertreter Andreas Popp. Er vertrat die Ansicht, dass Biopatente keineswegs in die konventionelle Züchtung eingreifen würden. Außerdem erhalte der Patentinhaber auch nur ein „zeitlich begrenztes Nutzungsrecht“.
Liste der geladenen Sachverständigen
- Inken Lampe, Deutscher Bauernverband e.V., Berlin
- Prof. Dr. Fritz Dolder, Universität Basel
- Bettina Locklair, Kommissariat der Deutschen Bischöfe, Berlin
- Dr. Andreas Popp, BASF SE, Ludwigshafen
- Dr. Christoph Then, Scouting Biotechnology, München
- Dr. Ruth Tippe, "Kein Patent auf Leben!", München
- Dr. Doris Walter, Leiterin des Referats für Patentanwaltswesen und des Arbeitskreises Biotechnologie des Deutschen Paten- und Markenamtes, München