Bundeswehr bleibt im Kosovo stationiert
Mit großer Mehrheit von Koalitionsfraktionen, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hat der Bundestag am Donnerstag, dem 28. Mai 2009, dafür gestimmt, den Bundeswehreinsatz im Kosovo um ein weiteres Jahr zu verlängern. Nur die Linksfraktion stimmte gegen den Antrag, den die Bundesregierung dazu eingebracht hatte. Mit der aktuellen Parlamentsentscheidung geht die Beteiligung deutscher Soldaten an der internationalen Schutztruppe KFOR nun ins elfte Jahr. Allerdings wird sich ihre Truppenpräsenz verringern: Künftig können statt 8.500 nur noch 3.500 Soldaten in den Balkanstaat entsendet werden.
Ergebnis der namentlichen Abstimmung
In der Debatte, die der namentlichen Entscheidung am Donnerstag
vorausging, unterstützten alle Fraktionen bis auf Die Linke
den Antrag der Bundesregierung (
16/12881), zu dem der Auswärtige Ausschuss
eine Empfehlung vorgelegt hatte (
16/13204). Diese hatte die geplante
Mandats-Verlängerung damit begründet, dass die
militärische Präsenz der NATO-geführten KFOR
(„Kosovo Forces“) so lange erforderlich für ein
sicheres und stabiles Kosovo sein werde, bis einheimische
Sicherheitskräfte den Schutz aller dort ansässigen
Bevölkerungsgruppen gewährleisten könnten.
„Neue Dynamik für den EU-Erweiterungsprozess im Herzen
Europas“
Doch die Entwicklung in den letzten zehn Jahren habe gezeigt, dass sich die multinationale Verantwortung bewährt habe, sagte der SPD-Abgeordnete Detlef Dzembritzki. Die Präsenz der KFOR sei seit 1999 von 50.000 Soldaten auf 13.700 gesunken. Es sei ein gutes Zeichen, dass derzeit mit 2.300 weniger deutsche Soldaten im Kosovo seien, als es der neue Antrag zulassen würde, so Dzembritzki. „Zum Jahresende ist möglicherweise noch eine weitere Reduzierung der Präsenz möglich.“
Um die Region aber in der Zukunft dauerhaft zu stabilisieren,
forderte der Sozialdemokrat, die Länder auf dem Balkan
gleichzeitig, nicht nacheinander in die Europäische Union
aufzunehmen. „Es darf nicht sein, das sich die Staaten
gegenseitig und die EU ausspielen“, mahnte Dzembritzki. Er
appellierte an das Europäisches Parlament und die
Europäische Kommission, dem „Erweiterungsprozess im
Herzen Europas“ eine neue Dynamik zu geben.
„Die Region weiter im Blick behalten“
Harald Leibrecht (FDP) attestierte dem Kosovo einen gute Entwicklung. Die Sicherheitslage habe sich dort seit 1999 drastisch verbessert. Dennoch sei sie aber bis heute nicht so stabil, dass die KFOR-Truppen vollständig abgezogen werden könnten. Damit dies aber irgendwann passieren könne, sei es richtig, dass Deutschland den Aufbau kosovarischer Sicherheitskräfte, wie der der „Kosovo Security Force“, sowie die Entwicklung rechtsstaatlicher Strukturen unterstütze. Bislang jedoch gebe es im Land ernste Probleme mit organisierter Kriminalität und Korruption. „Wir müssen die Region insgesamt weiter im Blick behalten“, forderte der Liberale. Das hieße aber auch, die pro-europäischen Kräfte in Serbien stärker zu unterstützen – auch im Interesse des Kosovos, sagte Leibrecht.
Den Aufbau von Polizei und rechtsstaatlichen Strukturen weiter unterstützen
Philipp Mißfelder (CDU/CSU) betonte, auch wenn der Bundestag nun erneut das Mandat für die Bundeswehr verlängere, sei dies „keine Routine“. Es sei immer noch ein gefährlicher Einsatz, für den der Truppe großer Dank gebühre. Auch der Unions-Politiker betonte die Fortschritte, die der KFOR-Einsatz bis heute gebracht habe. Die positive Entwicklung des Kosovo habe sich sogar seit der Unabhängigkeitserklärung im vergangenen Jahr verstärkt.
Besonders hob Mißfelder die wirtschaftliche Entwicklung des
Landes hervor: Trotz internationaler Wirtschaftskrise liege das
Wachstum bei drei Prozent. Diese Stabilisierung werde Deutschland
– durch die Hilfen beim Aufbau von Polizei und Justiz –
auch weiterhin unterstützen. „Dass das kein leeres
Versprechen ist, zeigen wir, indem wir deutsche Soldaten im Kosovo
lassen.“
„Deutsche Soldaten aus dem Kosovo
abziehen“
Monika Knoche (Die Linke) sprach sich als einzige Rednerin der Debatte dafür aus, die deutschen Soldaten aus dem Kosovo abzuziehen. Ihre Fraktion sei schon gegen den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Bosnien gewesen, so die Abgeordnete. Aber auch die Anerkennung des Kosovo nach seiner Unabhängigkeitserklärung bezeichnete sie als falsch. „Autonomie wäre richtig gewesen und hätte auch eine einheitliche europäische Haltung gegenüber dem Kosovo möglich gemacht“, monierte die Linkspolitikerin.
Sie kritisierte auch die Aufbau-Arbeit der KFOR und der Mission der
Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK): Rechtsstaatliche Strukturen
hätten die „albanisch-kosovarischen
Clanstrukturen“ bislang nicht verdrängen können.
„Das Kosovo ist heute Dreh- und Angelpunkt für Drogen
– und Menschenhandel“, stellte Knoche fest.
Menschrechtsstandards würden aber dennoch bei der Vergabe von
Fördergeldern zu wenig beachtet.
„Serbien muss Verantwortung für seine Geschichte
übernehmen“
Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen) plädierte wie zuvor der Abgeordnete Detlef Dzembritzki dafür, nicht nur einzelne Länder auf dem Balkan, sondern die gesamte Region im Auge zu behalten. Serbien müsse sich „dem bitteren Prozess“ der Vergangenheitsaufarbeitung stellen, forderte Beck. Die Abtrennung des Kosovo empfänden dort noch viele Menschen als „Demütigung“, doch es müsse vielmehr um die Übernahme von Verantwortung gehen.
Als „unerträglich“ bezeichnete die
Grünen-Politikerin in diesem Zusammenhang, dass der
Kriegsverbrecher Ratko Mladic noch immer Unterschlupf in Serbien
finden könne. „Gegenüber Belgrad“ solle die
internationale Gemeinschaft klarmachen, dass eine Teilung des
Kosovo „nicht akzeptiert“ werde. „Die Botschaft
an Pristina“ hingegen müsse lauten, dass es
Unterstützung in Zukunft nur gebe, wenn die serbische
Minderheit im Land „Raum bekomme“.