Kisten, Container und kilometerweise Akten
Vor zehn Jahren, am 6. Juli 1999 um fünf Uhr morgens, kam sie in Berlin an: die erste Umzugskiste aus dem Bundestag in Bonn. Dr. Roger Cloes, Leiter der Projektgruppe "Steuerung Umzug Berlin", war derjenige, der sie entgegennehmen durfte. "Es war wohl eine Kiste der Vizepräsidenten des Bundestages. Die sind nämlich gleich am ersten Tag umgezogen", erzählt Cloes heute und erinnert an den größten Umzug in der Geschichte der Bundesrepublik: 669 Abgeordnete, deren 1.500 Mitarbeiter, 854 Beschäftigte der Fraktionen und zunächst 1.035 Mitarbeiter der Verwaltung verlegten ihren Dienstsitz nach Berlin.
50.000 Kubikmeter Möbel und Akten hatte man in 120.000
Einzelstücken von Bonn nach Berlin transportiert. Dazu kamen
50.000 Kartons, 38 laufende Kilometer Bücher der Bibliothek
und nochmals elf laufende Kilometer Archivmaterial. 90 Speditionen
waren damit beschäftigt, täglich 40 Umzugscontainer aus
der alten Hauptstadt die neue zu transportieren. Die Container
wurden in Köln vom Lkw auf die Schiene verladen. 19 Mal fuhr
ein Nachtzug nach Berlin.
Zunächst provisorische Unterkünfte
Am 19. April 1999 hatte der Bundestag zum ersten Mal im frisch renovierten Reichstagsgebäude getagt. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte in seiner Ansprache: "Heute endet ein weiteres Provisorium in der Geschichte unserer Republik."
Was den Umzug der Abgeordneten nach Berlin betraf, war das nicht
ganz richtig. Denn bis zum endgültigen Einzug ins
Jakob-Kaiser- oder Paul-Löbe-Haus 2001 hieß es "Abwarten
und Platz sparen". "Das war kein Umzug im Maßstab eins zu
eins. In Berlin hatten wir nur 18 Zwischenunterkünfte und nur
ein Drittel der gewohnten Fläche zur Verfügung", sagt
Umzugsleiter Roger Cloes. In Bonn war der Bundestag auf 81
Gebäude verteilt gewesen.
5299 Personen zogen um
"Gespannte Aufbruchstimmung" herrschte unter den Abgeordneten, wie Roger Cloes es heute beschreibt. Über Planung und Stand des Umzugs informierte er sie mit einer eigenen Zeitung. Sehr pragmatisch hatte sich der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zum Umzug geäußert: "Die Politik gehört da hin, wo die großen Aufgaben zu bewältigen sind. Es ist gut, dass wir in Berlin nah an den Problemen dran sind."
Am 6. September 1999 nahm der Bundestag in Berlin seine Arbeit auf,
tags darauf feierte man sein fünfzigjähriges Bestehen.
Wissenschaftlicher Dienst, Bibliothek, Pressedokumentation und
Parlamentsarchiv zogen mit einiger Verzögerung im Jahr 2004
vom Rhein an die Spree. Das waren nochmals 1.241 Mitarbeiter,
insgesamt zog der Bundestag mit 5.299 Personen nach Berlin.