Verteidigungsausschuss kann Vorwürfe gegen KSK nicht zweifelsfrei klären
Berlin: (hib/AW) Der Verteidigungsausschuss kann den Vorwurf des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz, er sei im Januar 2002 von zwei deutschen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) im US-Gefangenenlagers Kandahar in Afghanistan misshandelt worden, nicht zweifelsfrei klären. Dies geht aus dem Bericht des Verteidigungsausschusses ( 16/10650) hervor, den der Bundestag am Donnerstag abschließend beraten wird. Der Verteidigungsausschuss hatte sich im Oktober 2006 gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes auf Antrag der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion als Untersuchungsausschuss konstituiert, um die von Kurnaz erhobenen Vorwürfe zu überprüfen. Zudem sollte der Ausschuss klären, welche Kontakte Kurnaz zu Angehörigen der Bundeswehr während seiner Inhaftierung in Kandahar hatte und welche Personen innerhalb der Streitkräfte und des Bundesverteidigungsministeriums über diese Kontakte informiert waren. Der Ausschuss sollte außerdem klären, welche Einsätze das KSK von November 2001 bis November 2002 im Rahmen der "Operation Enduring Freedom" in Kandahar absolvierten und welche Einsatzregeln dabei galten.
Als unstrittig zwischen allen Fraktionen gilt, dass Kurnaz zu mehreren KSK-Soldaten im US-Gefangenenlager Kandahar Kontakt hatte, bevor er in das US-Gefangenenlager Guantanamo überstellt wurde. Aus Sicht der Koalitionsfraktionen müsse es jedoch "offenbleiben, ob Murat Kurnaz durch deutsche Soldaten misshandelt wurde oder nicht. Für beide Alternativen gibt es zahlreiche Indizien." Beweise für eine Misshandlung lägen nicht vor. Während sich die FDP und Bündnis 90/Die Grünen dieser Sichtweise in ihren Minderheitenvoten des Berichts weitestgehend anschließen, spricht für Die Linke hingegen "alles dafür, dass Herr Kurnaz tatsächlich von Soldaten des Kommandos Spezialkräfte misshandelt worden ist". Als geklärt gilt, dass Soldaten des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam und der Führungsstab der Streitkräfte im Bundesverteidigungsministerium im Januar 2002 über die Inhaftierung eines "Deutschen" beziehungsweise "Deutschsprachigen" - der in Bremen geborene Murat Kunrnaz ist türkischer Staatsbürger - in Kandahar informiert gewesen waren. Der Untersuchungsausschuss konnte jedoch keine Übereinstimmung finden, welche politischen Führungsstellen im Ministerium zu welchem Zeitpunkt darüber unterrichtet waren.
Höchst unterschiedlich fallen die Bewertungen der Fraktionen zum KSK-Einsatz im Untersuchungszeitraum aus. Während die Koalitionsfraktionen dem 100 Soldaten starken Kontingent bestätigen, es habe seinen Einsatz gemäß des Völkerrechts, dem deutschen Verfassungs- und Wehrrecht und den bundeswehrinternen Erlassen und Befehlen für den Auslandseinsatz durchgeführt, bemängelt die Linksfraktion, dass die KSK-Soldaten "außerhalb ihres vom Bundestag definierten Mandats tätig geworden" seien. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang vor allem die Teilnahme am Wachdienst im Gefangenenlager Kandahar. Kritisch hinterfragt wird dies auch von Grünen und Liberalen.
Defizite sehen alle Fraktionen bei der parlamentarischen Kontrolle von KSK-Einsätzen. Während Die Linke eine umfassende Kontrolle und schließlich gar eine Auflösung des Kommandos Spezialkräfte fordert, drängen die CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf einen Ausgleich zwischen Kontrollrechten des Bundestages und militärisch notwendiger Geheimhaltung. "Nachholbedarf" sehen die Koalitionsfraktionen auch bei der Vermittlung der parlamentarischen Kontrolle innerhalb der Spezialkräfte: "Bei der Vernehmung der Zeugen aus den Reihen des KSK war einer Vielzahl von Soldaten eine wenig verdeckte Ablehnung und ein Unverständnis über die Einmischung des Parlaments in die Angelegenheiten des KSK anzumerken."
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