Fast zeitgleich mit dem Ausbau seines Präsidentenamtes in Russland zu einem nahezu autokratischen System durch Wladimir Putin hat das Europäische Parlament von Rat und Kommission der EU eine Überarbeitung der Russlandpolitik der Union gefordert. In einem am 26. Februar in Brüssel verabschiedeten Bericht heißt es, die Partnerschaft mit Russland sollte auf der Anerkennung gemeinsamer Werte basieren. Ausnahmen sollten nicht zugelassen werden, auch nicht, wenn es um die äußere oder innere Sicherheit gehe.
Die Abgeordneten fordern eine bessere Übereinstimmung der Positionen und der Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten, dem Rat und der Kommission getätigt werden. Sie kritisieren, dass nicht aufeinander abgestimmte Erklärungen führender Persönlichkeiten der Mitgliedstaaten die Verhandlungen mit Russland über den Kaliningrad-Transit außerordentlich erschwert hätten. Insbesondere die vom italienischen Ministerpräsidenten und damaligen Europäischen Ratspräsidenten Silvio Berlusconi nach dem EU-Russland Gipfel abgegebenen Erklärungen gegenüber Präsident Putin - vor allem zu Tschetschenien - verstießen vehement gegen Grundsätze der EU und schwächten ihre außenpolitischen Einflussmöglichkeiten.
Die Abgeordneten bezeichnen in ihrer Entschließung die Tatsache, dass kein Dialog über Tschetschenien stattfinde, für moralisch und politisch unvertretbar. Es sei zudem unvereinbar mit dem gemeinsamen Wunsch, die Zusammenarbeit bei inneren und äußeren Sicherheitsfragen zu intensivieren. Die EU sollte daher aktiv auf eine Änderung der russischen Politik gegenüber Tschetschenien hinarbeiten. Dazu gehöre, dass das Verschwinden von Menschen untersucht und die Täter gerichtlich verfolgt werden. Den UN-Mitarbeitern müsse endlich erlaubt werden, die Kaukasus-Republik zu besuchen und dort zu arbeiten.
Bis heute hat der Krieg in Tschetschenien mehr als 200.000 Tote gefordert. Hunderttausende wurden zu Flüchtlingen. Über 10.000 russische Soldaten kamen in dem Konflikt bisher um, heißt es in dem von dem niederländischen Berichterstatter Bastiaan Belder vorgelegten Bericht.
Breiten Raum nahm in der Aussprache die Forderung nach Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der Garantie unabhängiger Medien ein. Die Dumawahlen vom letzten Dezember hätten internationalen Standards nicht genügt, weil Druck auf die Medien ausgeübt worden sei, regierungsfreundliche Parteien zu bevorzugen. Da Russland bereits 1996 die Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats ratifiziert habe, müsse das Land nun auch die darin enthaltenen Verpflichtungen in sichtbare Taten umsetzen.