Tom Cruise darf nicht so, wie er gern will. Keine Drehgenehmigung im Reichstag für seinen neuen Film "Mission Impossible 3". Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der Ältestenrat haben ein Machtwort gesprochen. Damit wäre das Thema vom Tisch - die Würde des Hohen Hauses bleibt unantastbar. Doch Vorsicht! Hollywood pflegt seinen ganz eigenen Umgang mit Regierungsgebäuden. Roland Emmerich etwa, in die USA emigrierter deutscher Regisseur, ließ in seinem monumentalen Science-Fiction-Streifen "Independence Day" kurzerhand eine fliegende Untertasse am Washingtoner Himmel über dem Weißen Haus parken. Und wenige Filmminuten später hatten die Aliens mit einer monströsen Strahlenkanone den Amtssitz des mächtigsten Mannes der Welt atomisiert. Selbst der damalige US-Präsident Bill Clinton soll sich während einer Privatvorführung zutiefst beeindruckt gezeigt haben über dieses wahrhaft würdevolle Ende seines Schreibtischs. Selbst vor der computeranimierten Zerstörung französischer Nationaldenkmäler wie dem Eiffelturm und Notre Dame schreckte Emmerich nicht zurück. Nicht auszudenken, was sich ein über das Drehverbot erzürntes Hollywood alles ausdenken könnte, um doch noch zu seinen Bildern aus dem Reichtstag zu kommen: Tom Cruise, der sich am Seil aus der Kuppel während einer Regierungserklärung unseres Kanzlers ins Plenum abseilt. Oder der junge Held, wie er in schwindelnder Höhe über der Spree zwischen Paul-Löbe- und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus über die Verbindungsbrücke hechtet, während diese hinter ihm in einem Feuerball vergeht.
Aber soweit muss es ja nicht kommen. Kooperation ist angesagt. Zum einen wäre die deutsche Variante denkbar: Eine Drehgenehmigung im Reichtstag für Filme bekommt man ja durchaus - zum Beispiel, wenn dabei die politische Bildung nicht zu kurz kommt. So durfte die "Schnelle Gerdi", gespielt von Senta Berger, schon einmal durch die Lobby des Bundestages toben und sich von Verbraucherschutzministerin Renate
Künast über die Mühen und Schwierigkeiten des politischen Alltags belehren lassen. Wolfgang Thierse zumindest war sehr angetan über diese Sequenz in der ZDF-Serie. Das wäre doch eine echte Herausforderung für die Drehbuchschreiber aus der Traumfabrik.
Die zweite Möglichkeit bestünde im american way of life. Das US-Verteidigungsministerium etwa stellt Hollywood-Produzenten und Regisseuren gern mal einen kompletten Flugzeugträger nebst Jets und Kampfpiloten, eine veritable Panzerarmee oder einige Hundertschaften Marines zur Verfügung, wenn es darum geht, den Heldenmut der amerikanischen Streitkräfte ins rechte Licht zu rücken. Einzige Bedingung: Das Drehbuch muss dem Pentagon zur Prüfung vorgelegt werden. Vielleicht nicht unbedingt der demokratischste Umgang mit der Film-Kunst. Aber eines bleibt damit immer gewahrt. Die Würde der amerikanischen Armee - zumindest auf der Leinwand.
Alexander Weinlein