Die Welt sieht sich umfassenden politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und militärischen Risiken ausgesetzt. Diese Risiken entstehen nicht über Nacht und fallen auch nicht vom Himmel. In aller Regel sind sie im Lauf der Jahrhunderte durch den Menschen selbst verursacht worden.
Rainer Barthelt, ausgewiesener Experte in entwick-lungspolitischen Fragen, schreibt in seinem jüngsten Buch "Die Welt vor dem Abgrund" ausführlich und kenntnisreich über die Ursachen, die Entwicklungen und die möglichen Auswirkungen der vielfältigen Risiken und Herausforderungen in den so genannten unterentwickelten Ländern.
Den Schwerpunkt seiner akribischen Ausarbeitung richtet Barthelt dabei auf den afrikanischen Kontinent. In einer umfassenden Rückschau führt er durch ein weites Spektrum von Ereignissen auf dem Schwarzen Kontinent, schildert Unkenntnis, Raffgier und politischen Wankelmut in einer durch den Kalten Krieg geprägten Zeit. Er kennzeichnet aber ebenso die Unfähigkeit und die Gleichgültigkeit der Industrienationen gegenüber den Besonderheiten in den Ländern Afrikas. Wie schwierig das Umfeld ist, belegt die Kennzeichnung von Stephen Smith, den Barthelt als Zeugen aufführt: "Die Schuld an dieser Misere schreibt Smith der Tatsache zu, dass Afrika wie keine Region der Welt durch das Nebeneinander unterschiedlicher Epochen gekennzeichnet ist. In Afrika existieren zugleich das Tamtam und das Satellitentelefon, die kleine Hütte und der Wolkenkratzer, der schwarze König und der demokratische Staatschef. Afrika stirbt hauptsächlich, weil es sich umbringt."
Bringt dieser Kontinent sich tatsächlich um? In zwei weiteren Schritten stellt Barthelt dieser These die Bemühungen der Entwicklungshilfe gegenüber, ihre bescheidenen Ergebnisse, aber auch ihre Erfolge. Wichtig ist ihm, dass es nur im Zusammenwirken der Staaten mit den Hilfsorganisationen gelingen kann, in ganz auf die jeweiligen Empfänger ausgerichteten Aktionen mittel- und langfristige Erfolge zu erzielen.
Schließlich bietet Barthelt noch Anregungen und Überlegungen an, die helfen sollen, der Schuldenfalle, Korruption oder Drogenanbau zu begegnen. Interessant ist, dass er keine Patentrezepte vorstellt, sondern auf den langen Atem hinweist, die Geber- und Nehmerstaaten aufbringen müssen, wollen sie Abhilfe schaffen.
Insgesamt verfällt Barthelt nicht der Klage über die Ausweglosigkeit der Situation: Er relativiert vielmehr den etwas reißerischen Titel seines Buches: "Unübersehbar ist aber auch, mit welcher Energie allenthalben daran gearbeitet wird, die Welt vor dem Absturz zu bewahren. Dies veranlasst zu der berechtigten Hoffnung, dass es nicht nur gelingt, die Welt für künftige Generationen zu erhalten, sondern die Lebensqualität der Menschheit auch nachhaltig zu verbessern." Deutlich müsse aber bleiben, dass dazu die Anstrengungen der Industriestaaten wie auch der Empfänger nicht nachlassen dürften. Hierzu hat Barthelt ein überzeugendes Plädoyer abgegeben.
Rainer Barthelt
Die Welt vor dem Abgrund.
Kriege, Armut, Hunger, Klimaänderung, Umweltzerstörung,
Terrorismus, Drogen und Korruption. Was kann die Entwicklungshilfe
leisten?
Droste Verlag, Düsseldorf 2005; 287 S., 17,95
Euro