Gesundheit. In einigen ländlichen Gebieten droht eine hausärztliche Unterversorgung. Die Bundesregierung erläuterte am 28. Juni im Ausschuss für Gesundheit, dies treffe für rund 20 Prozent der 395 Planungsbereiche in Deutschland zu. Versorgungsprobleme zeichneten sich vor allem in den ostdeutschen Ländern ab oder bestünden dort bereits. Zugleich verwies die Regierung jedoch darauf, dass viele Städte und Kreise mit Hausärzten überversorgt seien. So wiesen 152 der Planungsbereiche einen Versorgungsgrad von mehr als 110 Prozent auf, weitere 154 Planungsbereiche verzeichneten einen Versorgungsgrad von 100 bis 110 Prozent. Die Regierung erläuterte, bei der hausärztlichen Versorgung gebe es sowohl ein West-Ost- als auch ein Stadt-Land-Gefälle. Das Problem sei nicht, dass es insgesamt zu wenig Hausärzte gebe, sondern dass sie schlecht verteilt seien.
Die Regierung unterstrich, es gebe "Handlungsbedarf". Erste Schritte würden gerade mit dem Vertragsarztänderungsgesetz eingeleitet. Zudem spiele das Thema auch eine Rolle bei der geplanten Gesundheitsreform. Zu berücksichtigen sei, dass die bisherigen Instrumente wie Zulassungsbeschränkungen in überversorgten Regionen und Darlehen für neue Praxen in unterversorgten Gebieten nicht genügend greifen. Offenbar seien weitere Anreize notwendig.
Aus einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), das den Abgeordneten vorlag, geht hervor, dass der Saalkreis (Sachsen-Anhalt) der einzige Planungsbereich ist, der einen Versorgungsgrad mit Hausärzten von weniger als 75 Prozent aufweist. Allerdings fänden sich in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mehrheitlich Planungsbereiche mit Versorgungsgraden von unter 100 Prozent, wobei in einigen Gegenden ein Wert von unter 90 Prozent erreicht werde. Als problematisch stuft der WIdO ein, dass insbesondere altersbedingt frei werdende Arztpraxen möglicherweise nicht wieder besetzt werden könnten.
Auffällig sei auch die Situation in Niedersachsen, heißt es in dem Bericht. Hier zeige sich "ein deutliches Auseinanderklaffen der Versorgungssituation". In acht Planungsbereichen gebe es einen Versorgungsgrad von 75 bis 90 Prozent, während 13 Bereiche überversorgt seien. In großen Städten liege die absolute Zahl der Hausärzte oft deutlich über dem Soll, beispielsweise in München um 320, in Berlin um 381, in Hamburg um 97 und in Essen um 66.
Laut WIdO gibt es in zahlreichen Regionen "eine deutliche und teure Überversorgung" mit Fachärzten. Der überwiegende Teil der Kreise und Städte - auch in Ostdeutschland - sei deshalb für fachärztliche Neuzulassungen gesperrt. Einen Spitzenwert erreicht etwa der Versorgungsgrad mit Internisten in Starnberg (Bayern): er liegt bei 510 Prozent.
Als einen wesentlichen Grund dafür, dass die Überversorgung bislang nicht abgebaut wurde, nennt der WIdO, dass eine Wiederbesetzung bestehender Arztpraxen auch in überversorgten Gegenden "immer möglich war und aktuell auch möglich ist". Die Wissenschaftler bezweifeln, ob die geplante Änderung des Vertragsarztrechts zu einer Vermeidung von Versorgungsengpässen und zu einer Reduzierung der Überversorgung beitragen wird.