Einen "knallharten Verdrängungswettbewerb" sieht Christian Baldauf heraufziehen. Den rheinland-pfälzischen CDU-Oppositionsführer treibt die Sorge um den eskalierenden Konkurrenzkampf zwischen den benachbarten Flughäfen im westpfälzischen Zweibrücken und in Saarbrücken um. An diesem Luftkampf ist ein Parteifreund Baldaufs, der Zweibrücker Rathauschef Helmut Reichling, nicht ganz unbeteiligt: Der CDU-Politiker stichelte schon mal gegen den saarländischen Airport, dessen Sicherheit angeblich nicht optimal sei. Prompt konterte Albert Hettrich, CDU-Wirtschafts-Staatssekretär im Saarland: "Der Flughafen ist sicher, und wir arbeiten daran, dass er noch sicherer wird." Ein anderes Mal erklärte Rolf Linsler, dass "für zwei Flughäfen in der Region kein Platz" sei. Aus Sicht des Verdi-Landesleiters an der Saar sind die Subventionen der Mainzer Regierung für die Westpfälzer Piste eine "gigantische Verschwendung von Steuermitteln." Linslers Vorstoß erboste wiederum den Betriebsrat in Zweibrücken. Nun aber mutiert der seit langem schwelende Kleinkrieg über den Gartenzaun zum offenen Fight: Seit diesem Wochenende offeriert der Billigflieger Germanwings Passagiertransfers zwischen Zweibrücken und Berlin - und dies deutlich günstiger als die von Saarbrücken aus startende Cirrus-Airline. Die Konkurrenz zwischen den direkt benachbarten Airports wird durch den pfälzischen Coup spürbar verschärft. Der Mainzer SPD-Wirtschaftsminister Hendrik Hering meint, sein Saarbrücker Kollege Hanspeter Georgi (CDU) sei "nicht begeistert". Das ist natürlich ein gewisses Understatement: An der Saar läuten die Alarmglocken. Hering feiert einen "Durchbruch" für die westpfälzische Region. Immerhin kalkuliert Germanwings mit jährlich rund 160.000 Berlin-Reisenden. Schon vor dem Start Mitte September verzeichnete die Gesellschaft, die von der Westpfalz aus Flüge in die Hauptstadt je nach Bestelltermin schon von 19 Euro an für eine einfache Strecke anbietet, rund 20.000 Buchungen. 2005 hatte Zweibrücken, einer der 39 deutschen Regionalflughäfen, gerade mal 18.000 zahlende Gäste. Ohne Zweifel dürfte das Kölner Unternehmen künftig auch einen Teil der jährlich 50.000 Berlin-Passagiere anziehen, die bislang über Saarbrücken pendeln. 2005 verzeichnete der vor allem vom Ferienverkehr lebende Saar-Airport, eine der kleineren der 17 internationalen Pisten in Deutschland, 487.000 Kunden: Aus der Hoffnung, die magische Zahl von 500.000 zu überspringen, wird jetzt wohl kaum noch etwas werden. Nun liegt Wettbewerb in der marktwirtschaftlichen Logik: Warum soll die Pfalz der Saar keine Konkurrenz machen? Allerdings ist es mit der Marktwirtschaft im Flugverkehr so eine Sache: Weder Zweibrücken noch Saarbrücken finanzieren sich selbst, beide Airports sind für den Staat Zuschussbetriebe. Nach dem Abzug der US-Army flossen zwischen 1991 und heute insgesamt knapp 30 Millionen Euro aus EU-Mitteln und dem Mainzer Landesetat nach Zweibrücken. 15,4 Millionen Euro stützten den Ausbau der Infrastruktur auf dem Flughafen - und überdies wurden bisher mit insgesamt 14,3 Millionen Euro die Defizite ausgeglichen, die bei der vom Land und von regionalen Gebietskörperschaften zu je 50 Prozent getragenen Betreibergesellschaft anfallen. Laut Saar-Wirtschaftsministerium schreibt zwar die Saarbrücker Betriebsgesellschaft, an der neben dem Land auch die Fraport vom Frankfurter Flughafen beteiligt ist, eine schwarze Null. Doch für die zu 100 Prozent dem Land gehörende Besitzgesellschaft, die den Airport an die Betreiber verpachtet, werden im Landeshaushalt jährlich knapp drei Millionen Euro an Zuschüssen bereitgestellt. Der Luftstreit im Südwesten beleuchtet eine bundesweite Malaise: In Deutschland gibt es zu viele Flughäfen, die vielfach gegeneinander konkurrieren, finanziell oft auf keinen grünen Zweig kommen und häufig nur mit öffentlichen Beihilfen zu überleben vermögen. Nach einer Studie der Deutschen Bank arbeiten lediglich fünf der 39 Regional-Airports kostendeckend. Hinter dem Kannibalismus im Luftraum steckt das hehre Motiv, über gute Flugverbindungen die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Indes kritisiert Bernd Kortschak, Professor für Verkehrswissenschaften in Erfurt: "Regional unausgelastete Flughäfen, die sich nur gegenseitig Passagiere abjagen, agieren nicht anders als Blutegel, die sich gegenseitig aussaugen." Selbst zwei Nachbarn wie Saarbrücken und Zweibrücken tun sich mit der Abstimmung schwer. Schon 2002 schlugen Gutachter eine Zusammenarbeit vor: Saarbrücken solle mit seiner zwei Kilometer langen Piste den Passagierverkehr für Reisen bis zu vier Stunden Dauer abdecken, während sich Zweibrücken mit seiner drei Kilometer langen Landebahn auf Fernflüge konzentrieren könnte. Bislang ist aus solchen Plänen freilich nichts geworden. Nach einem Gespräch zwischen den Ministern Georgi und Hering hieß es lediglich, man wolle Kooperationsmöglichkeiten "prüfen". Wenn es nicht bald mit einer Aufgabenverteilung klappe, fürchtet der saarländische CDU-Ministerpräsident Peter Müller, "wird allein der Wettbewerb entscheiden". So wie die Dinge liegen, spricht manches für einen harten Preiskampf im Zuge des Coups von Germanwings. In Saarbrücken bietet Cirrus an Wochenenden bereits "One Way"-Reisen nach Berlin für 49 Euro an. Für Flughafen-Geschäftsführer Markus Brunk ist eine Kooperation mit Zweibrücken "eine Sache der Politik". Er will auf die Suche nach Niedrigpreis-Airlines gehen, die von Saarbrücken aus starten. Sinkende Tarife, die unter anderem auch mit niedrigen Abfertigungsgebühren für die Fluggesellschaften zu tun haben, sind bei defizitären Airports indes ohne staatliche Zuschüsse nicht denkbar. Im Südwesten droht nun ein verschärfter Subventionswettlauf. Was des Passagiers Freud', ist des Steuerzahlers Leid.