Seine Wiege steht am "Tor zur Welt". Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke, Jahrgang 1948, ist waschechter Hamburger. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Die Weltoffenheit der Stadt hat bis heute seine Denkweise und sein Auftreten geprägt und bestimmt. Und wenn es um das Image des Hamburgers geht, meint er ganz selbstbewusst: "Weil Hamburg große, weite Welt ist und auch so empfindet, verwechseln manche unsere Weltläufigkeit mit Überheblichkeit." Klimke erzählt gern, gerade wenn es um sein neues Politikfeld Entwicklungspolitik geht, so auch im Gespräch mit "Das Parlament". Er ist einer, der die Zeit gerne nutzt. Lange, zudem unproduktive Sitzungen zerren an seinen Nerven, verrät er.
In Berlin hat Klimke mit seiner Wahl in den Deutschen Bundestag 2002 nach 20 Jahren Landespolitik in der Hamburger Bürgerschaft, zuletzt als Parlamentarischer Geschäftsführer, noch einmal eine neuen Herausforderung gesucht. Der Journalist mit rechtswissenschaftlichem Studium versteht sich in der Spreemetropole als "Anwalt mittelständischer Unternehmer". Seine Arbeit im Wahlkreis stehe hinter der in der Bundeshauptstadt in keiner Weise zurück, sagt der Kreisvorsitzende der CDU-Wandsbek. Klimkes Weltläufigkeit ist eine gute Voraussetzung für seine Sachpolitik in Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit. Seit 2005 arbeitet der Norddeutsche im Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Dem Tourismusausschuss gehörte er schon seit 2002 - seinem Einstieg in Berlin - an. Erst vor kurzem ist er aus Island zurückgekehrt, wo die jährliche Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) stattfand, ein Treffen, bei dem nationale und regionale Parlamente zusammenarbeiten, um die Identität des Ostseeraumes zu stärken. Der Bundestag sendet jedes Jahr eine Delegation zu diesen Beratungen. Klimke muss jetzt die Ergebnisse in die politischen Gremien transportieren.
Seine aktuellen Themen haben es in sich: Drogenhandel und -anbau in Entwicklungsländern. Aber er hat sich ebenso die interkulturelle Zusammenarbeit und die Privatwirtschaftsförderung auf seine Fahnen geschrieben. Gerade empfing er auf einem entwicklungspolitischem Forum seiner Fraktion unter anderem den Vizepräsidenten Kolumbiens Francisco Santos Calderón, um mit Experten aus Ministerien, der Wissenschaft und der Presse dem Zusammenhang von Drogen- und Entwicklungsproblemen nachzuspüren. Wenn man weiß, was der Drogenkonsum in Industrieländern anrichtet, wird schnell deutlich, dass diese Problematik eine globale Dimension hat. Inwiefern kann ein deutscher Bundestagsabgeordneter da überhaupt etwas bewegen? "Zuallererst mahne ich zu Bescheidenheit. Das Problem können wir teilweise nur lösen, wenn die großen Konsumentenländer und Konsumentenregionen den Drogenkonsum schärfer bekämpfen. Zusätzlich müssen wir in den Entwicklungsländern wirtschaftlichen Aufbau und Infrastrukturbau betreiben, um Alternativen für die Farmer zu entwickeln. Die Förderung staatlicher Sicherungssysteme wie Polizei und Justiz sind auch ein Baustein", unterstreicht Klimke.
Vielleicht ist es nicht übertrieben, wenn man he-rausstellt, dass der Parlamentarier zu einer neuen Generation Entwicklungspolitiker zählt, denn mit der 16. Legislaturperiode hat das Instrument der Evaluation, also die Bewertung von Programmen und Projekten, einen ganz neuen Stellenwert erhalten. Das verändert auch die praktische politische Arbeit des Abgeordneten. Blickt er jetzt vor allem aufs Geld, wohin es auch immer fließt? "Ich persönlich schaue nicht als erstes aufs Geld, sondern auf die Effektivität der Projekte, die übergeordneten deutschen Interessen und die Not im Land", meint Klimke. Er unterstreicht, wie wichtig Evaluation sei. Seine Forderung heißt: "Parlamentarische Evaluation muss ausgebaut werden. Ich denke, nicht nur kurz vor Regierungsverhandlungen müssen die Parlamentarier die Projekte in den Ländern besuchen, sondern sie müssen dauerhaft besser in die Strategiebildung und Umsetzung einzelner Projekte eingeführt werden, um zu vergleichen und falsche Entwicklungen aufzudecken." Unabhängig vom Arbeitsaufwand hätte der Abgeordnete dann eine viel größere Nähe zu seiner Arbeit. Er wünscht sich jedenfalls, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit mehr finanzielle Mittel für die Referate Evaluation und Mittelverwendung bereitstellt. "Die Kosten würden kurzfristig steigen, das Outcome würde aber billiger werden."
Mit Tourismus hat das nichts zu tun, wenn Klimke die Länder wie jüngst Nordindonesien besucht, um mit Fischern zu sprechen, die nach der Naturkatastrophe beim Aufbau ihrer neuen Existenz gefördert werden. Hilfe bedeutet konkret beispielsweise die Anschaffung von Kühllastern für die Überlandfahrt mit einer Ware, die schnell verderben kann. Der Entwicklungspolitiker stellt sich noch mehr Partnerschaften zwischen Deutschland und den Ländern vor, die auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen sind. "Handels- und Handwerkskammern müssen sensibilisiert werden, in fernen Ländern zu investieren, aber vor allem zu beraten."
Der Politiker, der fließend Englisch spricht und italienische Grundkenntnisse hat, schaut politisch auf die Länder Indochinas mit Burma, Laos, Thailand, Kambodscha und die Philippinen. Zwar kennt er nicht alle Länder in der Region aus persönlicher Erfahrung, aber viele sehr gut. "Thailand ist für mich, trotz der aktuellen Situation, das Referenzland der Region. Es kann als Beispiel für wirtschaftlichen Aufbau und internationale Zusammenarbeit dienen. Aber auch hier gibt es leider demokratische Defizite." Außerhalb der klassischen Entwicklungsarbeit führt Klimke Botschafter aus den Ländern Südostasiens mit Unternehmen, Hochschulen und anderen Organisationen zusammen, um viele weitere Verbesserungen im Entwicklungsland einzuleiten und anzuschieben.
Wer dem 58-Jährigen zuhört, spürt, dass er für seine politische Aufgabe noch "brennt", obwohl er schon so lange in der Politik ist. Seinen Beruf hat er nie aufgegeben. Er ist immer noch Vorstand eines mittelständischen Unternehmens, einer Agenturgruppe für Öffentlichkeitsarbeit im technisch-pharmazeutischen Bereich. Er könne seine unternehmerische und politische Arbeit gut verbinden, meint er, zumal Hamburg und Berlin nur zwei Stunden Zugfahrt trennen. Er sieht sich als Macher und handelt nach der Devise, lieber zehn Entscheidungen zu treffen und mit zwei von ihnen falsch zu liegen, als nicht zu handeln. Das hat mit Aktionismus nichts zu tun, jedenfalls nicht, wenn Klimke seinem Lebensmotto folgt: "Quidquid agis, prudenter agas et respice finem. - Was auch immer du tust, mach es klug und beachte das Ende." Vielleicht ist dieses Denken aber auch nur Hamburger Eigenart, Ergebnis des Lebens am "Tor zur Welt". Hamburg sei die an Bedenkenträgern ärmste Stadt in Deutschland, glaubt Klimke. Da kann man nur hoffen, dass Weltläufigkeit ansteckend ist.