Jörn Theißen redete gleich Tacheles: Dreiviertel aller Lobbyisten, so der SPD-Bundestagsabgeordente, verstünden nichts von ihrem Beruf. Das macht er daran fest, dass er als "entscheiderfreundlich" behandelt würde - was bedeute, dass man zu nett zu ihm sei und ihm damit suggeriere "Ich gehöre auch zu den Blöden". Als Politiker wollte er die Dinge nicht vereinfacht dargestellt bekommen, sondern erwartet sich einen gegenseitigen Gewinn für beide Seiten. Patentrezepte für den diffizilen Umgang zwischen Politik, Medien und Beratern konnte auch dieses Panel des Politikkongress 2006 nicht liefern. Es zeigte aber deutlich, wie vielschichtig das Verhältnis zwischen den Machern aus Politik, Medien- und Kommunikationsbranche oftmals ist - ein schmaler Grat zwischen Vertrauen und Eigeninteressen.
Noch immer haftet Lobbyisten und Beratern der Makel von Heimlichtuerei und Hinterzimmer an. Vor vier Jahren ging der Politikkongress in die Offensive. Auf der europaweit größten Fachtagung für politische Kommunikation geben sich seitdem Experten aus Politik, Wirtschaft und Medien auf zahlreichen Podien die Klinke in die Hand. In diesem Jahr diskutierten sie - ganz standesgemäß - im Berliner Hotel Adlon. Dabei war die Themenpalette breit gefächert: von den Lobby-Chancen während der deutschen Ratspräsidentschaft 2007 über die Opposition in Zeiten der Großen Koalition bis zur Zukunft der Bundespressekonferenz.
Als pominenter Redner betrieb der ehemalige Chefstratege von Tony Blair, Alain Campbell, heftige Medienschelte: "Die Medien sind ein Biest, das man zähmen muss", sagte er. Und den Politikern riet er: "Je komplexer die Medienlandschaft wird, um so einfacher und prägnanter müssen politische Botschaften sein." Wie viele Politiker Campbells Botschaft mitnahmen, ist fraglich. Denn auch wenn sich der Kongress des Dialoges zwischen Politik und Wirtschaft rühmt - viele Politiker konnte man auf den Gängen und im Publikum des Kongresses nicht erkennen. Sie absolvierten ihre Termine auf den Podien und verschwanden dann rasch wieder zu den Haushaltsberatungen des Parlaments.