Schwarzweißfotografien jüdischer Familien beim Sonntagsspaziergang, beim Sport oder zu Hause, fröhlich-beschwingte Tanzmusik der Goldenen Zwanziger, in die sich unheilvoll der Stiefellärm und das "Heil-Hitler"-Gebrüll der Nazi-Aufmärsche mischen: Gleich zu Beginn führt die Ausstellung "Heimat und Exil. Emigration deutscher Juden nach1933" die Anfänge der Vertreibung von etwa 280.000 Juden aus Deutschland eindrücklich vor Augen. Das Jüdische Museum in Berlin zeigt noch bis zum 9. April 2007 Dokumente und Zeugnisse von Flucht und Exil nach der Machtergreifung Hitlers 1933.
Über hundert Länder auf der ganzen Welt nahmen die Flüchtlinge auf. Doch längst nicht immer fühlten sie sich dort willkommen. Großbritannien etwa, bevorzugtes Ziel vieler Juden, verfolgte eine restriktive Einwanderungspolitik und betrachtete die Emigranten als Gäste mit begrenzter Aufenthaltsdauer. In Schanghai wiederum, das nach 1940 das einzige Land war, das noch bedingungslos Flüchtlinge aus Deutschland aufnahm, hatten die Neuankömmlinge mit dem feucht-schwülen Klima und ungewohnten Krankheiten zu kämpfen. Umso bewundernswerter, wie viele der jüdischen Emigranten es schafften, sich im jeweiligen Aufnahmeland ein neues Leben aufzubauen und sich allen widrigen Umständen zum Trotz in die dortige Gesellschaft zu integrieren. Diese Anpassungsleistung scheint heute, da das Thema der gesellschaft
lichen Integration von Ausländern vor dem Hintergrund zunehmender Fremdenfeindlichkeit äußerst kontrovers diskutiert wird, zu einer vergleichenden Betrachtung geradezu herauszufordern. Was veranlasst Menschen heute, ihre Heimatländer zu verlassen? Welche Möglichkeiten und Schwierigkeiten birgt die Integration von Minderheiten in eine Mehrheitsgesellschaft? Wann betrachten Migranten Deutschland als "Heimat"?
Mit diesen Fragen haben sich 30 Berliner Jugendliche drei Tage lang im Gespräch mit Journalisten, Asylexperten und Künstlern intensiv auseinander gesetzt. Ihre Erkenntnisse debattieren sie am Montag, den 15. Januar 2007, ab 18 Uhr im Jüdischen Museum mit einem prominenten Podium: Maria Böhmer, Bundesbeauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge, Christoph Bergner, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, sowie W. Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums Berlin, der als Kind selbst mit seiner Familie vor den Nazis nach Schanghai fliehen musste, werden ihnen dabei Rede und Antwort stehen.