Recht. Die Regelungen der Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung sollen umfassend überarbeitet werden. Die Bündnisgrünen haben dazu einen Gesetzentwurf ( 16/3827 ) vorgelegt. So will die Fraktion den Katalog der Straftaten reduzieren. Grundsätzlich könne eine Telefonüberwachung zur Aufklärung schwerer Straftaten sowie im Bereich organisierter und abgeschotteter Kriminalität beitragen.
Eingriffe in den absolut geschützten "Kernbereich privater Lebensgestaltung" sollen jedoch verhindert und damit die Menschenwürde gewahrt werden. Werden Gespräche ohne persönliches Mithören automatisch aufgezeichnet, bestehe ein Beweisverwertungsverbot, soweit die Gespräche aus jenem Kernbereich erfasst worden sind. Im Falle des persönlichen Mithörens müsse das Abhören und Aufzeichnen unverzüglich unterbrochen werden.
Ein weiteres Element des Gesetzentwurfs besteht darin, dass Journalisten, Rechtsanwälte (soweit sie nicht als Strafverteidiger ohnehin geschützt sind), Angehörige der ärztlichen Berufe sowie Mitarbeiter von Drogenberatungsstellen Schutz vor Telefonüberwachung genießen. Ferner werde der Schutz des Zeugnisverweigerungsrechts von Berufsgeheimnisträgern und Angehörigen entscheidend gestärkt. Dies geschehe durch einschränkende Anordnungsvoraussetzungen, Beweiserhebungs- sowie Beweisverwertungsverbote.
Ferner schlägt der Gesetzentwurf der Grünen eine Reihe von weiteren Maßnahmen vor: Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Telekommunikationsüberwachung und die Anordnung durch das Gericht seien "konkret und einzelfallbezogen" zu begründen. Die Anordnungen sollen nur noch von besonders qualifizierten Richtern, die auf Lebenszeit eingestellt wurden, getroffen werden. Die Überwachung des Telefons dürfe statt bisher für drei nur noch für zwei Monate angeordnet und nur für jeweils einen Monat verlängert werden. Über die Verlängerung über sechs Monate hinaus müsse ein Senat des Oberlandesgerichts entscheiden. Den anordnenden Richtern seien die Ergebnisse der Telekommunikationsüberwachung mitzuteilen.
Die von der Überwachung Betroffenen sollen früher als bisher benachrichtigt werden. Dazu solle in regelmäßigen Abständen ein Gericht prüfen, ob die Benachrichtigung noch zurückgehalten werden darf. Wenn der Betroffene nach 18 Monaten immer noch nicht benachrichtigt worden ist, solle das zuständige Oberlandesgericht nach einer Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten entscheiden.
Die Grünen führen zur Begründung an, die Anzahl der Telefonüberwachungsmaßnahmen in Deutschland hätten den grundgesetzlich vorgegebenen Rahmen gesprengt. Solche Maßnahmen seien in den letzten zehn Jahren jährlich stark angestiegen. Mittlerweile liege das Ausmaß weit über dem Niveau vieler anderer demokratischer Staaten. Dabei sei jede Telefonüberwachung ein tiefer Eingriff in das durch das Grundgesetz geschützte Telekommunikationsgeheimnis.
Eine Studie des Max-Planck-Instituts habe den Umgang der Richter, die eine Erlaubnis zum Telefonmithören geben, mit den Anforderungen beanstandet. Die Studie erhebe den Vorwurf, dass es an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Kontrolle mangele, so die Fraktion.