Kambodscha
Streit um Geld erschwert Arbeit des Tribunals
Das internationale Tribunal gegen die letzten lebenden Verantwortlichen der Roten Khmer in Kambodscha ist ins Stocken geraten. Ein Streit zwischen kambodschanischen und internationalen Justizexperten um die Prozess- und Gebührenordnung hemmt den weiteren Verlauf des Tribunals. Der Prozess, der 2006 mit der Vereidigung der Staatsanwälte begonnen hatte, ist für die Dauer von drei Jahren terminiert. Politische Beobachter in Phnom Penh befürchten nun, dass die Auseinandersetzungen den Ablauf des Tribunals verzögern, wenn nicht sogar gefährden könnten.
Das kambodschanische Recht entspricht nicht in allen Bereichen internationalen Standards und weist Lücken auf. Daher drängen ausländische Juristen auf interne Regeln für den Prozess, also eine Strafprozessordnung, die das gesamte komplizierte Verfahren regelt. Während sich in diesem Punkt eine Annäherung abzeichnet, drängt die kambodschanische Anwaltskammer auf mehr Einfluss und will die Kontrolle über die Liste der Verteidiger selbst ausüben.
Dabei geht es auch um Geld: Die kambodschanische Anwaltskammer fordert einen einmaligen Betrag von 500 Dollar für ausländische Juristen und eine zusätzliche monatliche Gebühr von 2.000 Dollar für jeden Anwalt, der einen Verteidigungsauftrag bekommt.
Informierte Kreise in Phnom Penh speku-lieren über eine mögliche Strategie der kambodschanischen Seite, den Abzug des internationalen Personals zu provozieren. Der Vertrag zwischen den UN und Kambodscha lässt es zu, dass nach einem Ausscheiden des internationalen Personals die Vakanzen mit kambodschanischen Mitarbeitern aufgefüllt werden können. Unter internationalen Juristen aber bestehen erhebliche Zweifel an der Qualifikation und Unabhängigkeit der kambodschanischen Juristen.
Beobachter in Phnom Penh vermuten ferner, Regierungschef Hun Sen habe ein Interesse daran, den Beginn der Verhandlungen zu verzögern. Hun Sen scheint zu befürchten, dass der Verlauf des Tribunals von der Opposition dazu genutzt werden könnte, im Wahlkampf seine nie geklärte Rolle bei den Roten Khmer zu instrumentalisieren. Hun Sen war erst kurz vor dem Ende des Pol-Pot-Regimes im Jahr 1979 auf die Seite der späteren vietnamesischen Befreier gewechselt.
Die Bundesregierung geht trotz der Probleme davon aus, dass Mitte des Jahres mit dem Beginn der ersten Prozesse zu rechnen ist. In Beantwortung einer Kleinen Frage der FDP-Fraktion ( 16/4252 ) betont die Bundesregierung, sie habe sich stets nachdrücklich für die Einhaltung internationaler Jus-tizstandards eingesetzt. Das Bundesentwicklungsministerium hat den Vereinten Nationen 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, das Auswärtige Amt beteiligte sich mit einer Million Dollar zur technischen Unterstützung des Khmer-Rouge-Tribunals. Außerdem unterstützt ein deutscher Staatsanwalt den Stab der kambodschanischen Chefanklägerin.