EUROPARAT
Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung in Straßburg
Einen solchen Auflauf prominenter Vertreter hat der Europarat selten erlebt: Die Sitzungswoche der Parlamentarischen Versammlung des Staatenbunds vom 23. bis 27. April steht im Zeichen einer Generaldebatte über Menschenrechte und Demokratie. Neben den Berichterstattern sämtlicher Ausschüsse der Volksvertretung werden auch der Generalsekretär des Staatenbunds, der Menschenrechtskommissar, der Präsident des Gerichtshofs, der Leiter des Anti-Folter-Komitees und verschiedene Bürgerinitiativen vertreten sein. "Wir wollen demonstrieren, dass der Europarat die wichtigste Instanz beim Kampf für Grundrechte und Freiheit ist", betont René van der Linden, der niederländische Präsident der Versammlung. Künftig solle es, so van der Linden, jährlich einen Gesamtbericht zur Situation der Menschenrechte und der Demokratie in Europa geben.
Dauerthemen in Straßburg sind autokratische Tendenzen in Osteuropa - besonders in Russland. Angeprangert werden dort auch Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Beschneidung oppositioneller Rechte wie der Medienfreiheit oder miserable Zustände in Gefängnissen. "Im Osten ist die Lage besonders kompliziert", meint van der Linden, da seien "deutliche Worte", aber auch mehr Hilfe auf dem Weg nach vorn vonnöten. Doch der amtierende Präsident nimmt auch Westeuropa ins Visier. Dort werfe gerade die Integration von Migranten Probleme auf, und immer häufiger sei mancherorts eine Zunahme der Fremdenfeindlichkeit zu beobachten sei. Für den Sozialausschuss kritisiert Marcel Glesener aus Luxemburg, dass die Sozialcharta erst von der Hälfte der Europarat-Staaten ratifiziert worden sei: "Soziale Mindeststandards, etwa bei der Gesundheitsversorgung, sind keineswegs überall garantiert", kritisiert er.
Andreas Gross sieht im Namen der Politischen Kommission die Demokratie "in einer tiefen Krise". Die Distanz zwischen Bürgern und Politik wachse zusehends, klagt der Schweizer. Es mangele an direkter Mitbestimmung, etwa über Referenden. Vor allem im Osten sei die Situation "fragil", weil die ersehnte Demokratie im Alltag als in hohem Maße enttäuschend und frustrierend erlebt werde. Daher lautet sein Fazit: "Der Europarat muss mehr tun für die Weiterentwicklung der Demokratie." Der Europarat, dem 46 Mitgliedstaaten angehören, hat sich den Einsatz für die Menschenrechte sowie die Wahrung demokratischer und rechtsstaatlicher Grundsätze zum Ziel gesetzt. Die Parlamentarische Versammlung tagt zweimal jährlich.