Eigentlich zieht sie durch, was sie anfängt. Den Schritt, das Politik- und Amerikanistikstudium nach vier Semestern vorzeitig aufzugeben, hat die CSU-Abgeordnete Daniela Raab dennoch nicht bereut. Im Gegenteil: Ihre beachtliche Karriere wäre ihr sicher ohne den Wechsel in das Jurafach nicht geglückt.
Die gebürtige Münchnerin, die in der kleinen Arbeiterstadt Kolbermoor im oberbayerischen Voralpenland aufwuchs, avancierte 2005 nach nur drei Jahren im Deutschen Bundestag als 30-Jährige zur Obfrau der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Rechtsausschuss und damit zur stellvertretenden rechtspolitischen Sprecherin. Nach wie vor reizen sie strafrechtliche Themen am meis-ten. Doch sie musste sich umstellen. "Jetzt achte ich darauf, was für die Gesamtfraktion interessant ist und wo die größeren Themen liegen, um die wir uns kümmern müssen: Unterhaltsrecht, Patientenverfügungen, Versicherungsvertragsgesetz."
Als "Geschenk" empfand sie ihre erste Legislaturperiode, als sie 2002 über einen Listenplatz ins Parlament einzog. 2005 hieß es für sie ohne sicheren Listenplatz alles oder nichts. Dank eines "Extremwahlkampfs", wie sie es nennt, holte sie satte 60 Prozent der Wählerstimmen. Ein Ergebnis, das für entsprechendes Selbstvertrauen und starken Rückenwind für Berlin sorgte. "Das Jurastudium bringt mir hier für die Arbeit extrem viel. Ich kann Theorie praktisch umsetzen. Das genieße ich schon, wenn es um Themen wie das Unterhaltsrecht geht. Als Juristin kann ich das Thema besser aufbereiten", unterstreicht die junge, zierliche Frau, die vor Energie nur so sprüht. Rechtspolitik liegt Daniela Raab. Demnächst gehört sie zur koalitionsinternen Arbeitsgruppe, die sich mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung von Straftätern befassen wird.
Sie hat die Erfahrung gemacht, dass sie ohne Lernprozesse in der Politik nicht erfolgreich sein kann. "Gerade in der Rechtspolitik ist man geneigt, sehr schematisch und logisch vorzugehen. Man subsumiert ein Problem unter das nächste und kommt wie beim Examen zu einer Lösung. Ist der Fall gelöst, kommt der nächste. Wir haben in letzter Zeit gerade bei der Debatte zu den Patientenverfügungen gesehen, dass es so nicht laufen kann. Man muss viele Strömungen in der Fraktion mitnehmen können. Schnelligkeit ist nicht alles. Vielfach fühlen sich die Leute dann überrannt. Man muss einfach gut vermitteln können."
Im Wahlkreis Rosenheim erlebt sie es genauso. "Ich kann nicht davon ausgehen, dass mich die Leute von Hause aus verstehen, weil sie sich nicht professionell mit der Materie beschäftigen." Reden und erklären "erdet" die Politikerin. In Kolbermoor sitzt sie seit 2002 auch im Stadtrat. "Ich bin schon lieber zuhause", verrät sie, "Berlin ist einfach nicht meine Heimat." Aber der Arbeitsrhythmus liege ihr. Nur so funktioniere der Ausgleich zwischen beiden Arbeitsplätzen.
Mit ihrer größeren Verantwortung geht die angenehm selbstbewusste Politikerin souverän um. Manches jedoch nimmt sie noch zu persönlich - etwa wenn sie sich im Wahlkreis kritischen Stimmen stellen muss. Doch Daniela Raab weiß, dass es ohne Stehvermögen nicht geht. "Man braucht eine gewisse politische Hornhaut. Sonst läuft man Gefahr, sich von jedem Stürmchen umblasen zu lassen." Zu dieser Haltung passt das Motto ihres großen politischen Vorbildes Franz Josef Strauss: "Dem Volk nicht nach dem Mund reden, aber ihm aufs Maul schauen."
Als sie mit 19 Jahren in die CSU eintrat, war die Partei noch arm an Frauen, erinnert sich die Jungpolitikerin, die eine klare Gegnerin der Quote ist. Ihrer Wahrnehmung nach habe sich bei der CSU vieles verbessert - auch ohne Quote. Dafür steht sie selbst. Sie weiß, dass sie ab und an noch wie bei ihrer Nominierung 2005 beäugt wird, weil sie jung und Frau ist. "So was ignoriere ich." Und als sie das Direktmandat holte, fragte ohnehin keiner mehr, ob sie der Aufgabe gewachsen sei. Daniela Raab wirkt natürlich und nimmt sich selbst nicht zu wichtig. Unterschätzen sollte man sie allerdings nicht: "In Bayern nennt man jemanden, der sich tendenziell gern unterbuttern lässt, ein Hascherl. Das bin ich nicht."