KONRAD-ADENAUER-STIFTUNG
Georg Ryssel arbeitet für die Demokratisierung in Zentralasien und will die dortigen Zivilgesellschaften stärken
Usbekistan, Kirgistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kasachstan und die Länder des südlichen Kaukasus - mit Ihrer Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung in der usbekischen Hauptstadt Taschkent sind Sie für ein großes Gebiet zuständig. Wo setzt man da als Stiftung an?
Zunächst einmal ist wichtig, dass wir in einer solch wichtigen Region vor Ort sind. Wir gehören zu den wenigen Organisationen aus dem Ausland, die hier politisch arbeiten. Die Stiftung versteht sich in der Region als kreative Brücke zu Deutschland und zu Europa. Die Situationen in den verschiedenen Ländern sind selbstverständlich nicht vergleichbar. Es ist nicht ganz einfach, sich um alle gleichermaßen zu kümmern. Zur Zeit baut die Stiftung daher auch ein Ortskraftbüro in Kasachstan auf. Die Stiftung beabsichtigt, ihr Engagement hier auszubauen.
Momentan richten Sie das Hauptaugenmerk bei Ihrer Arbeit aber verstärkt auf Usbekistan. Wieso gerade auf dieses Land?
Es grenzt an Afghanistan, Turkmenistan und Tadschikistan, Staaten in schwierigen Situationen - Usbekistan gilt als politisches Schlüsselland in der Region. Die bisherige politische Stabilität in Usbekistan ist daher ein hohes Gut. Im Zentrum unserer Arbeit stehen natürlich die Demokratisierung und insbesondere die Stärkung der Zivilgesellschaft. Wir wollen vermitteln, dass man Eigeninitiative und Eigenverantwortung entwickeln muss, nur dann kann sich das Land politisch fortentwickeln. Früher hat alles die Partei gerichtet. Die politischen Leader haben gesagt, wo es lang geht. Man muss wegkommen vom Zentralismus, hin zur politischen Eigenverantwortung.
Wie wollen Sie das erreichen?
Wir arbeiten eng mit der Ombudsfrau für Menschenrechte des usbekischen Parlaments zusammen. Außerdem bieten wir zusammen mit der Botschaft Jugendseminare an - Grundkurse in Demokratie und politischer Bildung. Ein Element des Demokratisierungsprozesses ist natürlich eine wache Presse: Im Rahmen eines EU-Projekts unterstützen wir gerade zusammen mit unseren usbekischen Partnern zwei Journalistenschulen. Ganz wichtig ist auch der Aufbau und die Stärkung von politischen Parteien, das machen wir zusammen mit Partnerorganisationen.
Sie bauen Parteien auf?
Ja, wir helfen zumindest dabei. Der Präsident Usbekistans hat gerade eine Initiative für starke Parteien ausgerufen. Sie sollen leistungsstark und stabil sein - dazu müssen die Menschen aber erst einmal wissen, wie eine Partei funktioniert. Die Verwurzelung von politischen Überzeugungen und Parteien fehlt hier komplett, eine entsprechende Tradition ist nicht vorhanden. Bezüglich politischer Parteien kann man hier nicht auf Lerneffekte zurückgreifen, wie wir sie in Deutschland hatten - mit all den positiven und negativen Entwicklungen des vergangenen Jahrhunderts.
Welche Rolle spielt es, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung eine deutsche Stiftung ist?
Es ist elementar. Die Usbeken haben ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu Deutschland. Darüber freuen wir uns. Der Präsident hatte enge Beziehungen zu Helmut Kohl, bei einem ihrer ersten Treffen in Bonn haben sie auch die Stiftungsarbeit hier initiiert. Unser Pfund ist natürlich auch die Erfahrung mit den neuen Bundesländern, gerade etwa in Sachen sozialer Marktwirtschaft. Natürlich übertragen wir das nicht nach dem Schema "copy and paste", sondern die gesamte Beratung wird an die usbekischen Verhältnisse angepasst. Wichtig ist, was hinten rauskommt, wie Altkanzler Helmut Kohl - eine angesehene Persönlichkeit in der Region - immer sagte. Die Botschaft und die politischen Stiftungen geni ßen das Vertrauen der Usbeken. Denn wir kommen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern sagen: Nur zusammen lassen sich Veränderungen anstoßen, nicht gegeneinander. Die letzte Entscheidung liegt immer auf usbekischer Seite. Man muss begreifen: Das ist hier eine andere Mentalität, hier verlief die Seidenstraße, da wurde gehandelt. Das gilt auch für die Politik.
Und was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit?
Nun, manche Prozesse dauern länger, aber wir haben Geduld. Und wir beziehen alle mit ein, Professoren, Unternehmer, Studenten. Dank einer breiten Palette von Kontakten, wie beispielsweise auch zum usbekischen Innenministerium, kommen wir auch in die Gefängnisse und haben direkten Kontakt zu den Gefangenen. Das ist wichtig.
Wozu überhaupt Stiftungsarbeit? Die Botschaft ist doch auch noch da.
Wir können Tacheles reden, ganz einfach. Wir arbeiten unterhalb der diplomatischen Ebene. Anders als die Diplomaten können wir direkt zu den politischen Entscheidungsträgern gehen und etwa zu einem Minister sagen: Das Gesetz, das Sie letzte Woche herausgegeben haben, ist schlecht. Entweder er beendet das Gespräch, oder er sagt: Was meinen Sie denn damit? Auf diese Weise entstehen wichtige Gesprächsrunden, zu denen auch deutsche Referenten eingeladen werden. Wir können hier sehr viel bewirken.
Anne Haeming ist
freie Journalistin in Bonn.
Gregor Ryssel leitet das Regionalbüro für Zentralasien und den Südkaukasus der Konrad-Adenauer-Stiftung.