INDIEN
Pratibha Patil ist neue Präsidentin des Subkontinents
Sie sind zum einen Opfer von brutaler Gewalt und Unterdrückung, aber gleichzeitig flog schon vor zehn Jahren die erste von ihnen ins Weltall: Frauen in Indien - ihr Leben ist so vielschichtig wie der Subkontinent selbst. Seit dem 22. Juli haben die Inder jetzt auch erstmals eine Präsidentin: Pratibha Patil von der indischen Kongresspartei ist das erste weibliche Staatsoberhaupt des Landes seit der Unabhängigkeit vor 60 Jahren. Als "erste Dienerin der Republik" wolle sie sich bemühen, den hohen Erwartungen gerecht zu werden, sagte die 72-Jährige bei ihrer Amtseinführung. Dabei lasse sie sich vor allem von den jenen inspirieren, die zur Befreiung des Landes beigetragen hätten, ganz besonders den Frauen.
Als Schwerpunkte ihrer Arbeit nannte sie unter anderem Gesundheit, Bildung und Kinderrechte. Das Präsidentenamt ist in Indien weitgehend repräsentativ - der Amtsinhaber gilt aber als Hüter der Verfassung. Gerade daher gilt es als problematisch, dass die bisherige Gouverneurin des Bundesstaates Rajasthan kein unbeschriebenes Blatt ist. Neben verschiedenen Korruptionsvorwürfen wurde auch "Übersinnliches" von ihr bekannt. So will Patil nach eigenem Bekunden mit dem Geist eines Sektenführers gesprochen haben, der ihr vorhersagte, dass sie bald eine verantwortungsvolle Position bekleiden würde.
Umfragen zufolge war die Rechtsanwältin die unbeliebteste Kandidatin seit langem. Doch ihr Gegenspieler Abdul Kalam hatte gegen sie keine Chance auf eine zweite Amtszeit - auch wenn sich viele Inder das gewünscht hätten. Der 75-jährige muslimische Atomwissenschaftler galt in Indien als äußerst beliebt. Trotz zahlreicher Widerstände war Patil von der Chefin der regierenden Kongresspartei Sonja Gandhi ins Rennen um das Präsidentenamt geschickt worden. Ihre Schwiegermutter Indira Gandhi war 1966 eine der ersten Ministerpräsidentinnen auf der Welt gewesen. "Das ist ein sehr spezieller Moment für die Frauen - und natürlich auch für die Männer", sagte Gandhi nach dem Sieg ihrer Parteifreundin. Ein besonderer Moment vielleicht für die Frauen insgesamt. Denn mit der Übernahme des Präsidentenamtes des 1,1 Milliarden-Volkes stieg weltweit die Zahl der amtierenden weiblichen Staatsoberhäupter - auf insgesamt sieben.