Die Entwicklung der Altersarmut machte jahrelang Mut, der Anteil der "armen Rentner" sank kontinuierlich. Nun warnt die OECD vor einem dramatischen Ansteigen in den kommenden Jahrzehnten auch in Deutschland. Ein realistisches Szenario?
Durchaus. Im Vergleich zu dem, was war und sein wird, ist Altersarmut heute ein eher vernachlässigenswertes Phänomen. Der heutigen Rentnergeneration geht es besser als jeder vor ihr - und als jeder nach ihr. Grob gesagt werden sich Rentner von morgen in drei Gruppen unterteilen lassen: Einem Drittel wird es sehr gut gehen, ein weiteres wird zurechtkommen. Einem Drittel wird es finanziell wirklich schlecht gehen.
Wer wird besonders betroffen sein?
Das Auskommen wird davon abhängen, ob die Menschen gezielt vorgesorgt haben - ohne betriebliche und private Vorsorge wird es nach den Rentenreformen der vergangenen 20 Jahre nicht gehen. Es wird also jene treffen, die an Vorsorge nicht gedacht haben - vor allem aber alle, die es sich nicht leisten konnten, etwas zurückzulegen, Geringverdiener, Hartz-IV-Empfänger, Arbeitslose. Ein höheres Risiko tragen vor allem Menschen, die nicht über einen langen Zeitraum betrieblich vorgesorgt haben: weil sie häufig den Arbeitgeber gewechselt, in kleinen Betrieben gearbeitet haben oder Selbstständige waren.
Was sollten Menschen tun, die kaum etwas beiseite legen können?
Vor allem sollte man jede Chance nutzen, die sich bietet. So etwas wie die Riester-Rente, bei der der Staat für die private Vorsorge etwas dazugibt, kann man sich nicht entgehen lassen. Eins muss man sich als junger Mensch klar machen: Anders als im arbeitsfähigen Alter kann man sein Einkommen als Rentner kaum aufstocken. Die Zeiten, in denen man durchkommt, indem man einen zweiten und dritten Job annimmt oder mehr Stunden arbeitet, sind dann vorbei.
Stimmt die Legende vom "armen Ost-" und "reichem West-Rentner"?
Ja und Nein. Die gesetzlichen Renten im Osten sind nicht niedriger als im Westen. Allerdings können die Menschen in der ehemaligen Bundesrepublik auf wesentlich mehr private Ressourcen in Form von Immobilien, privatem Vermögen und Erspartem zurückgreifen. Deswegen sind sie im Schnitt besser gestellt.
Von privater Vorsorge abgesehen: Gibt es eine Versicherung gegen Altersarmut?
Bildung! In jungen Jahren bewahrt eine gute Ausbildung oder ein Studium davor, in die Risikogruppe zu kommen - gebildete Menschen bekommen besser bezahlte Jobs und haben eher die Weitsicht vorzusorgen. Bildung zahlt sich aber auch im Alter aus: Wer eine gute Bildung hat, kommt mit wenig Geld besser zurecht.
Das Interview führte Jeannette Goddar. Sie ist freie Journalistin in Berlin.