Agent
Wilhelm Dietl über seine Arbeit für den BND
Es steht nicht alles in dem Buch", erklärte Wilhelm Dietl in der 3sat-Sendung "Kulturzeit", in der er nach dem BND-Skandal Auskunft gab. Immerhin gab der freie Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins "Focus" zu, früher für den BND als Agent gearbeitet zu haben. Aber für "Focus" sei er "nur als Journalist" tätig gewesen und habe "auf keinen Fall" Kollegen ausspioniert. Da ihn sein ehemaliger Auftraggeber, der Bundesnachrichtendienst, fallen gelassen hat, fühlt sich Dietl nicht mehr an seine Geheimhaltungspflicht gebunden. Deshalb das Buch.
Ursprünglich hatte der BND den Journalisten im Frühjahr 1982 angeworben. Angeblich war Dietl zu dieser Zeit dem damaligen BND-Pressesprecher "positiv aufgefallen". Ein Vorstellungsgespräch folgte. Anschließend verfügte der deutsche Auslandsgeheimdienst über einen Agenten mehr, der sich im Nahen und Mittleren Osten auskannte. Pullach schickte ihn denn auch gleich aus, um Informationen zu sammeln und geheimdienstliche Operationen durchzuführen. Zwar geht es aus Dietls Buch explizit nicht hervor, aber zwischen den Zeilen wird deutlich, dass der Presse-Ausweis seine wahren Aktivitäten zu verschleiern half. So traf er einmal unter seiner "Journalisten-Legende" eine führende Person aus dem Umfeld des Terroristen Abu Nidal, ein anderes Mal vertrieb sich Dietl die Zeit "mit zwei journalistischen Kollegen".
Neben einigen spektakulären, Hollywood-reifen Anekdoten über das gefährliche und spannende Leben als Agent, erfährt der Leser Informatives über Afghanistan, den Libanon, Libyen und Syrien - dem Mutterland der Terrortrupps und Befreiungsbewegungen. Allerdings handelt es sich nur um Erlebnisse aus der Sicht eines Agenten, eine Einordnung in die außen- und sicherheitspolitischen Zusammenhänge fehlt, obwohl Dietl persönlich mit Hekmatjar und Arafat sprechen konnte. Über Afghanistan während der Zeit der sowjetischen Besatzung oder den Terroristen Carlos hat Dietl bereits früher Bücher veröffentlicht.
Mit "Friendly fire" überschreibt der Autor sein Nachwort. Hier beklagt sich der Ex-Spion über Racheaktionen, gesteuerte Enthüllungen und seine öffentliche Hinrichtung durch die Führung des Bundesnachrichtendienstes. Man habe ihm "Unrecht" angetan, indem sein Name in Zusammenhang mit der Bespitzelung von Journalisten gebracht worden sei. Dietl stilisiert sich als Opfer, vor allem wegen seiner BND-kritischen Bücher, die er mit dem früheren Geheimdienstler Norbert Juretzko veröffentlichte.
Decknahme Dali. Ein BND-Agent packt aus.
Eichborn Verlag, Frankfurt/M. 2007; 229 S., 19,90 ¤