Frau Däubler-Gmelin, welche Ziele verfolgt Deutschland in dem vor rund einem Jahr gegründeten Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen?
Es geht darum, universell geltende, verbindliche Menschenrechte nicht länger nur als Thema für feierliche Reden, sondern als unverzichtbare Pfeiler jeder menschenwürdigen und stabilen Gesellschaft zu begreifen. Und durchzusetzen. Im Menschenrechtsrat gibt es sehr unterschiedliche Staaten. Deutschland und die Europäische Union legen großen Wert auf die Sicherung und den Ausbau der Menschenrechte - ohne heuchlerische Doppelstandards. Sie müssen allerdings die Mehrheit der Mitglieder überzeugen.
Die Vorgängerorganisation, die Menschrechtskommission, war oft wegen mangelnder Glaubhaftigkeit kritisiert worden. Wie kann das neue Gremium solcher Kritik vorbeugen?
Da wird viel schwierige Vertrauensarbeit nötig sein, denn Foltergefängnisse wie Guantanámo und Abu Ghraib haben viel Glaubwürdigkeit zerstört, obwohl beide Deutschland nicht zugerechnet werden dürfen. Die EU wird klare Standards setzen - aber auch ihre Kritik gegenüber allen Menschenrechtsverletzern deutlich äußern müssen.
Ist es überhaupt möglich, in einem solch großen Forum - in dem auch Länder wie China und Russland, nicht aber die USA vertreten sind - zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen?
Die USA nehmen an den Sitzungen teil, obwohl sie nicht Mitglied des Menschenrechtsrats sind, und sie spielen eine große Rolle. Am wichtigsten ist die Sach- und Überzeugungsarbeit gegenüber jenen Staaten, die bisher meinten, Menschenrechte seien nicht so wichtig.
Welche Schritte wurden bisher unternommen?
Ich denke, dass unser Botschafter Michael Steiner und sein Team in Genf gerade im vergangenen halben Jahr der deutschen EU-Präsidentschaft sehr gut gearbeitet haben, um wirksame Instrumente des Menschenrechtsrates zustande zu bringen. So haben sie erheblich dazu beigetragen, dass neben der allgemeinen Länderüberprüfung weiterhin Länderberichte möglich sind, dass Sonderberichterstatter unabhängig arbeiten können und dass zum Beispiel die Menschenrechtsorganisationen auch weiterhin im Menschenrechtsrat gehört werden.
Wo hat Deutschland noch Nachholbedarf?
Im internationalen Vergleich funktioniert unser Menschenrechtsschutz im Großen und Ganzen gut. Aber wir sollten nicht meinen, dass wir deshalb die Rechte von Flüchtlingen oder von Menschen gering achten können, die ohne gültige Aufenthaltspapiere bei uns leben und arbeiten. Manche bei uns schießen auch bei der Bekämpfung von Terroristen über die rote Linie hinaus - alles das beschäftigt uns. Mit Recht.
Die Fragen stellte
Susanne Sitzler.