Wehrpflicht
SPD-Vorstoß sorgt für Ärger in der Koalition
Das Konzept, das die SPD in der vergangenen Woche vorstellte, war etwas verwirrend: Man strebe an, "zum Dienst in den Streitkräften künftig nur noch diejenigen einzuberufen, die sich zuvor bereit erklärt haben, den Dienst in der Bundeswehr leisten zu wollen". Gleichzeitig wolle man auf die Verankerung der Wehrpflicht im Grundgesetz aber nicht verzichten - doch eingezogen werden soll nur noch, wenn die Bundeswehr ihren jährlichen Bedarf an Rekruten nicht mehr aus Freiwilligen decken kann. "Freiwillige Wehrpflicht" heißt das in einem Papier der Sozialdemokraten, das im Oktober auf dem SPD-Parteitag beraten werden soll.
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Das Konzept sei ein "Widerspruch in sich", befand Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), "karikaturfähig" nannte es CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Die Pläne der Genossen, mit gezielten Anreizen wie etwa der Anrechnung von Dienst- auf Ausbildungszeiten genügend Freiwillige zu gewinnen, sei illusorisch. Als "Belastung für die verteidigungspolitische Zusammenarbeit in der Koalition" rügte Unionsvize Andreas Schockenhoff den Vorstoß; Fraktionschef Volker Kauder warf der SPD vor, das Vertrauen in die Politik werde mit derartigen Vorstößen nicht gefestigt.
Auch die Opposition reagierte prompt mit Kritik. Doch anders als der Union geht den Grünen und der Linken der Plan der SPD nicht weit genug. Als einen "halbherzigen Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete ihn der sicherheitspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Winfried Nachtwei. Aus Sicht von Parteichefin Claudia Roth ist die Wehrpflicht "sicherheitspolitisch nicht mehr zu rechtfertigen" und müsse abgeschafft werden. Eine Forderung, die von der Linken geteilt wird: Die Wehrpflicht sei ein Zwangsdienst, "der einen tiefen Eingriff in die Lebensplanung darstellt", so ihr Verteidigungsexperte Paul Schäfer. Die Liberalen wollen auf die Wehrpflicht nicht vollständig verzichten - kündigten aber an, einen Antrag auf ihre Aussetzung einbringen zu wollen, da derzeit eine "eklatante Wehrungerechtigkeit" herrsche. Die Wähler dagegen begrüßen den SPD-Vorstoß. Während der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), fürchtet, dessen Umsetzung könne eine "erhebliche Belastung" für die Soldaten werden, sind nach einer Emnid-Umfrage 73 Prozent der Befragten dafür.