INNERES
580 Millionen Euro mehr als 2007 - Haushalt knackt 5-Milliarden-Euro-Grenze
Wolfgang Schäuble ist besorgt - oft und aus vielerlei Gründen. Noch am Morgen vor der Haushaltsdebatte am 29. November erschien ein Interview mit dem CDU-Innenminister, in dem er warnte, man müsse in Deutschland alles dafür tun, damit es nicht zu Krawallen wie im Nachbarland Frankreich komme, wo sich Jugendliche immer wieder schwere Straßenschlachten mit der Polizei liefern. Am Vormittag gab er dann jedoch - vorsichtige - Entwarnung.
Die Sicherheitslage in Deutschland sei gut, hielt Schäuble in der Debatte über den Etat des Innenministeriums fest. Damit dies auch künftig so bleibt, genehmigte der Bundestag Schäubles Ressort auch einen doppelten Zuschlag: Sein Haushalt steigt im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr nicht nur an, die Abgeordneten bewilligten dem Minister überdies sogar mehr Mittel (215 Millionen) als im Haushaltsentwurf der Regierung vorgesehen waren. Damit knackt der Innenetat erstmals die 5 Milliarden-Euro-Marke. Er steigt von 4,48 Milliarden 2007 im nächsten Jahr auf 5,1 Milliarden Euro an - das ist eine Steigerung um 13 Prozent.
Profitieren werden von dieser Erhöhung vor allem die Sicherheitsbehörden. 119 Millionen Euro fließen in den Aufbau des Digitalen Polizeifunks. Dabei und bei der Einrichtung der Antiterrordatei und des gemeinsamen Antiterrorzentrums habe die Große Koalition in den bisherigen zwei Jahren große und wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht.
Auch SPD-Haushälterin Bettina Hagedorn betonte, mit der Aufstockung der Mittel für den Digitalen Polizeifunk sehe man "endlich Licht am Ende des Tunnel". Auch der "größte Brocken" des Etats, die Bundespolizei, auf die mit 2,2 Milliarden Euro fast die Hälfte des gesamten Haushalts entfällt, sei gerechtfertigt. Die Reform sei nötig, aber sie müsse unbedingt auf das notwendige Maß beschränkt sein. "Das sind keine Peanuts", so Hagedorn.
Für die Linke bemängelte dagegen Jan Korte, der Weg der Bundespolizei-Reform führe in die "grundlegend falsche Richtung". Schäuble solle endlich seine Planungen stoppen, das "Bundeskriminalamt in ein deutsches FBI" umzuwandeln. Auch Hartfrid Wolf (FDP) hielt die Kosten der Polizeireform von 100 Millionen Euro für zu hoch. Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollten zusammenarbeiten, statt einander Konkurrenz zu machen.
Schäuble verteidigte seine Vorstöße zur Verstärkung des Kampfes gegen den Terror, die ihm regelmäßig - und so auch in der Debatte erneut - den Vorwurf eingebracht haben, er baue in übertriebener Weise Bürgerrechte ab. Er sagte: "Der Rechtsstaat ist ein Rechtsstaat nur so lange, wie der Staat in der Lage ist, das Recht durchzusetzen." Die Sicherheitsbehörden müssten mit den Gefährdern der Sicherheit unbedingt Schritt halten können und mit den entspechenden Instrumenten ausgestattet werden - dazu gehören nach Meinung des Innenministers auch Möglichkeiten zur Online-Durchsuchung und Videoüberwachungen. Dazu sagte er: "Seit das Auto erfunden ist, braucht auch die Polizei Kraftfahrzeuge."
Die Opposition nutzte das Thema erneut für eine Generalabrechnung mit der Großen Koalition. Diese sei in der Innenpolitik "handlungsunfähig", stellte der Liberale Max Stadler fest. Die Spannungen zwischen Union und SPD habe man sowohl im Innenausschuss als auch im Plenum spüren können. Für heftige Empörung und laute "Pfui"-Rufe in den Reihen der Koalition sorgte die Bemerkung von Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen), die Koalition sei "so am Ende, dass es Leichenschändung wäre, auf sie noch einzuprügeln im Bereich der Inneren Sicherheit".
Auf allgemeine Zustimmung stieß die Tatsache dass der großer Gewinner der Haushaltsberatungen im BMI der Sport ist: Der Bundestag stockte die Sportfördermittel um 18 Millionen auf 127 Millionen Euro auf.
Der CDU-Abgeordnete Michael Luther erklärte, allein 14 Millionen Euro aus dem Haushalt 2008 kämen der Traineroffensive des Deutschen Olympischen Sportbundes und den Vorbereitungen auf die Olympischen Winterspiele 2010 und die Sommerspiele 2012 zugute. Er urteilte: "Das Paket für den Sport kann sich sehen lassen." Die Spitzensportförderung, die im Haushalt unter dem Titel "Zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports" firmiert, wächst damit auf 85 Millionen Euro. Wolfgang Schäuble begrüßte diese Steigerung, sagte aber auch, er habe "große Sorge", dass der Sport außerhalb der biochemischen Manipulation durch "Übermaß und Übertreibung" zerstört werde. "Wir müssen die Eigenverantwortung der Sportorganisationen einfordern und stärken und vonseiten des Staates subsidiäre Unterstützung leisten", sagte der Innen- minister.